Optionenbericht sieht Lufthansa als bevorzugten Partner. | Interesse auch aus Russland und China. | Startschuss durch Regierung für den 12. August erwartet. | Wien. Der AUA ist es auch im zweiten Quartal nicht gelungen aus der Verlustzone zu fliegen. Nach 60 Millionen Euro im ersten Quartal verbuchte die heimische Fluglinie von April bis Juni weitere drei Millionen Euro Verluste. Im Vorjahr hatte man im zweiten Quartal - das in der Branche traditionell als das lukrativste des Jahres gilt - noch 7,5 Millionen Euro Gewinn geschrieben. Bis zum Jahresende waren 2007 dann knapp 2,8 Millionen Euro übrig geblieben. Für heuer erwarten Analysten nach den insgesamt 63 Millionen "Miesen" des ersten Halbjahres nun einen Jahresverlust von mindestens 90 Millionen Euro.
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Angesichts dieser Aussichten drängt man nun auf die baldige Hereinnahme eines starken Partners. Am Montag legten die Berater von Boston Consulting dem AUA-Aufsichtsrat den bestellten "Optionenbericht" vor: Schon vor der Sitzung war durchgesickert, dass der Bericht nach Prüfung mehrerer Varianten die deutsche Lufthansa als Partner für die AUA präferiert. Auf Basis dieses Berichtes dürfte die Regierung beim Minisiterrat am 12. August einen Privatisierungsauftrag erteilen. Erst dann darf sich die Staatsholding ÖIAG - sie hält 42,75 Prozent der AUA- Aktien - formal in Verkaufsverhandlungen begeben. Inoffizielle Gespräche mit den Deutschen soll es schon gegeben haben.
Chancen, ins Bieterrennen einzusteigen - und damit einen besseren Preis zu ermöglichen - werden auch der russischen Aeroflot eingeräumt. Gegen Air France/KLM, der ebenfalls Interesse vor allem am starken Standing der AUA im Osten nachgesagt wird, dürften die hohen Kosten für einen Allianzwechsel von der Lufthansa-dominierten Star Alliance zur OneWorld sprechen. Zuletzt hat auch die staatliche Air China in Österreich ihre Chancen sondiert - sie wurde aber im Gegensatz zu Singapore Airlines, der japanischen All Nippon Airways (ANA) und Qatar-Airlines aus den Emiraten im Gutachten der Boston-Consulting angeblich nicht evaluiert.
SPÖ: Kein "überstürzter Beschluss"
Die SPÖ dementierte am Montag Berichte, wonach die Entscheidung über die Zukunft der Austrian Airlines (AUA) an den Abgang von Airline-Chef Alfred Ötsch geknüpft sei. Staatssekretär Christoph Matznetter sprach sich aber gegen einen "überstürzten Beschluss" aus. Von Eigentümerseite müssten nun alle möglichen Szenarien geprüft und objektiv bewertet werden. Er forderte Finanzminister Wilhelm Molterer auf, alle Karten auf den Tisch zu legen, vor allem das seit längerem von der SPÖ geforderte Gutachten, in dem die Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort eingehend geprüft werden. Eine gesunde AUA sei essenziell für den Wirtschaftsstandort Österreich.
Erwartungsgemäß skeptisch sieht AUA-Betriebsratschef Alfred Junghans eine strategische Partnerschaft mit der Lufthansa. Man müsse alle Optionen prüfen. Die von ihm bevorzugte Stand-Alone-Lösung "muss ich auch nicht um jeden Preis haben, denn in der Form, wie jetzt gewurschtelt wird, kann das sowieso nicht funktionieren". Er habe, was Lufthansa betrifft, "kein Deutschland-Syndrom", doch gebe es eine "Lobby, die Lufthansa herbeiredet", kritisierte Junghans, der im übrigen nicht daran glaubt, dass man den Standort Wien per Vertrag wirklich nachhaltig absichern könne.
Die Lufthansa ist gut zehn Mal so groß wie die österreichische Fluggesellschaft. Die Kennzahlen weisen 8035 Beschäftigte bei der AUA und 100.779 bei der Lufthansa aus. Der Umsatz war 2007 bei der großen deutschen Schwester mit 22,42 Milliarden Euro fast zehn Mal so groß wie bei der AUA mit 2,49 Milliarden Euro. Der Gewinn - Ergebnis vor Steuern - lag mit 2,125 Milliarden aber gleich um das 758-fache über dem der heimischen Luftlinie mit nur 2,8 Millionen Euro.
Bei den Verkehrsmaschinen ist die Differenz nicht ganz so eklatant. Die Lufthansa verfügt über 513 Flugzeuge, die AUA hat samt Tyrolean (heute Austrian Arrows) und Lauda) genau 99 Stück. Die Passagierzahlen der Lufthansa lagen im Vorjahr mit 62,9 Millionen nicht ganz sechs Mal so hoch wie bei der AUA, die 10,8 Millionen Flugwillige beförderte. Und bei der Zahl der Destinationen hat die Lufthansa mit 208 weltweit die Nase nicht ganz so klar vor der AUA, die auf 130 Ziele kommt - allerdings sind es nur rund 20 Exklusivdestinationen, die die Lufthansa nicht anfliegt. Im Nachbarschaftsverkehr haben AUA und Lufthansa eine "100prozentige Überlappung" bei den Destinationen. "Da haben wir ja schon ein Joint Venture mit der AUA", erklärte ein Lufthansa-Sprecher.
Warum die Lufthansa Interesse daran haben sollte, darüber hinaus bei der AUA einzusteigen, ist manchen Analysten nicht ganz klar: Die Kölner könnten bestenfalls motiviert sein, einen Einstieg des Konkurrenten AirFrance/KLM verhindern zu wollen, heißt es. Auch die Möglichkeit, Wien-Schwechat als zusätzlichen Hub zu nützen, könnte angesichts des bald an seine Kapazitätsgrenzen stoßenden Drehkreuzes München attraktiv sein.
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