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Auch Bayern ahnungslos

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Bayern klagt Österreich auf Herausgabe von 2,4 Milliarden Euro, Österreich klagt Bayern auf Zahlung von 3,5 Milliarden Euro. Nun ist Österreich in Zusammenhang mit der Kärntner Hypo hohe Summen schon gewöhnt, aber solche Streitsummen sind schon beeindruckend.

Am beeindruckendsten für die Gerichte und die involvierten Anwälte, da sich deren Gebühren und Honorare am Streitwert orientieren.

Umgekehrt bedeutet es natürlich, dass es völlig sinnlos wäre, diese Prozesse tatsächlich zu führen. Das weiß der Freistaat Bayern, das weiß die Republik Österreich. Wobei die Bayern tatsächlich nicht in so einer "entspannten Lage" sind, wie die Sprecherin des dortigen Finanzministers Söder zu meinen glaubt.

Faktum ist, dass die Aufsichtsbehörden in ihren Hypo-Berichten feststellten, dass die Risiko- und Kontrollinstrumente der Bank auch zwei Jahre nach dem Kauf durch die teilstaatliche BayernLB mehr als mangelhaft waren.

Also muss sich auch die BayernLB mit Recht vorhalten lassen, wenig Ahnung gehabt zu haben, welch risikoreiche Geschäfte ihre Tochterbank am Balkan macht. Noch im März 2009 sagte der damalige BayernLB-Vorstand Kemmer, er wolle die Hypo "reprofitabilisieren" und "mittelfristig" an die Börse bringen - an einen Verkauf sei nicht gedacht. Im Dezember 2009 erfolgte dann die Verstaatlichung. Im März also nicht gewusst zu haben, dass die Bank de facto pleite ist, spricht nicht unbedingt für ein besonders informiertes Bank-Management.

So gesehen war der Prüfauftrag für die Griss-Kommission wohl etwas eng gesteckt - nicht nur in Österreich versagte am Höhepunkt der Bankenkrise in Europa das System.

Die Bayern kauften zudem die Hypo Alpe Adria 2007 nach dem Motto "Augen zu und durch", die Prüfung der Bank fiel offenkundig recht oberflächlich aus, kritische Berichte wurden in München zur Seite geschoben. Es ging ja bloß um einen Kaufpreis von 2,7 Milliarden...

Der Witz an der Sache ist zudem, dass sich nun Bayern und Österreich in die Haare kriegen, weil eine Bank gerettet wurde, um einen Crash in den Ländern Ex-Jugoslawiens zu vermeiden.

Auch dies spricht dafür, Prozesse nicht zu führen, sondern sich zu vergleichen. Vielleicht könnte sich - wie damals - die EU einschalten, um Wien und München die segensreiche Wirkung von Vernunft klarzumachen.