Im November nur 28 Firmenkäufe. | Massives Minus im Gesamtjahr. | Wettbewerbshüter haben weniger zu tun. | Ex-Rennfahrer Gerhard Berger hat verkauft, die Bank Austria veräußerte zwei Top-Immobilien, und bei der Kommunalkredit sowie der Dexia Kommunalkredit haben sich ebenfalls die Besitzverhältnisse geändert.
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Abgesehen vom Coup des Jahres - Lufthansa schluckt AUA - gab es in jüngster Zeit relativ wenige Transaktionen, an denen österreichische Firmen entweder als Käufer oder Verkäufer beteiligt waren (siehe Kasten unten).
Das dürfte großteils an der von Unsicherheit geprägten Stimmung liegen, für die die internationale Finanzkrise sorgt.
Die Motive, Firmen gerade jetzt abzustoßen oder zu erwerben, sind - wie die drei erwähnten Beispiele belegen - allerdings recht vielfältig:
Der Tiroler Gerhard Berger stieg mit der in Liechtenstein eingetragenen Berger Motorsport AG aus der STR-Beteiligungs GesmbH aus und trat damit seinen 50 Prozent-Anteil an Scuderia Toro Rosso an Partner Red Bull ab. Berger stieg deshalb als Teilhaber des Formel-1-Teams aus, weil er nach einer sehr guten Saison nur noch "mangelnde sportliche Entwicklungsperspektiven" sah. Die Übernahme der Anteile, die noch von der Wettbewerbsbehörde spätestens bis 24. Dezember genehmigt werden muss, ist für Energy Drink-Guru Dietrich Mateschitz erfreulich: Red Bull besitzt ab sofort wieder zwei Formel-1-Rennställe zu 100 Prozent.
Der Tiroler René Benko, Chef der Signa Holding, hat indes nicht ver-, sondern gekauft: Sein im August geschlossener Vertrag mit der Bank Austria Immobilien ist vor kurzem von den Kartellwächtern abgesegnet worden: Die Signa Holding ist nunmehr endgültig Besitzerin von zwei weiteren Top-Immobilien, nämlich der früheren Länderbank-Zentrale sowie des einstigen Hauptgebäudes der Zentralsparkasse.
Die Kommunalkredit schließlich hat sich die Republik aus bekannten Gründen als neue Inhaberin anlachen müssen, und die Dexia Kommunal-Kredit Bank AG wurde in Folge der Wirrnisse um die Wiener Mutter zu 100 Prozent an den bisherigen belgisch-französischen Partner Dexia weitergereicht. Die Übertragung der Anteile erfolgte in beiden Fällen um den symbolischen Preis von einem Euro.
Ansonst spielte sich in den vergangenen Wochen an Mergers & Acquisitions relativ wenig ab. Zu diesem Resumée gelangt Gregor Nischer, Geschäftsführer des auf internationale Mergers & Acquisitions spezialisieren Beraters MP Corporate Finance. Er stellt in einer soeben veröffentlichten Studie fest, dass im Monat November lediglich 29 Mergers mit österreichischer Beteiligung registriert wurden - gut ein Fünftel weniger als im November 2007.
Österreicher im Ausland sehr zurückhaltend
Die Zahl der nationalen Transaktionen hat sich zwar, im Vergleich zum Vorjahr, gleich auf 16 verdoppelt. Die sieben Deals von ausländischen Unternehmen, die in Österreich zugekauft haben - bestes Beispiel: Lufthansa -, blieb konstant, doch die Aktivitäten rot-weiß-roter Betriebe im Ausland sind stark rückläufig: Im November 2007 hatten Österreicher noch 20 ausländische Unternehmen zugekauft - im heurigen November allerdings nur noch sechs. Nischer: "Auffallend ist, dass wiederum kein einziger Deal mit einer Private-Equity-Gesellschaft abgeschlossen wurde".
Die jüngsten Firmenübernahmen waren auf den ersten Blick relativ unspektakulär, weil sie in den meisten Fällen kleinere, nicht sehr prominente Unternehmen betrafen.
Das gilt sowohl für Österreicher, die im Ausland initiativ wurden - bestes Beispiel: die "Ring" International Holding AG hat ein Übernahmeangebot für die börsennotierte slowenische Firma Niko Zelezniki gelegt, an der sie bereits 65 Prozent hält - die Tochter ter setzt mit 300 Mitarbeitern immerhin 30 Millionen Euro um. Eher klein waren ebenso die österreichischen Unternehmen, die in ausländischen Besitz übergingen: etwa die 20 Mann-Firma Powerlines GesmbH, die an eine niederländische Gruppe verkauft wurde. Oder die 40 Mann-Firma Christian Maurer GesmbH in Pressbaum, die neuerdings unter deutscher Flagge segelt.
Die Bundeswettbewerbsbehörde hat heuer folglich etwas weniger zu tun als gewohnt: Die von Theodor Thanner geleitete Behörde, deren 30 Mitarbeiter im Vorjahr 341 Fälle zu bearbeiten hatte - darunter auch etliche internationale Deals -, befindet heuer nur über ungefähr 270 Firmenzusammenschlüsse.
Das macht monatlich zwischen 17 (wie im vergangenen Februar) und 32 Anmeldungen (im letzten August), die in vierfacher Ausfertigung entweder am Postweg oder direkt bei ihr eintrudeln müssen.
Im Dezember langten bei den Kartellwächtern, die einen Deal verhindern oder mit bestimmten Auflagen belegen können, bislang erst drei internationale Anmeldungen ein.
Dennoch befinden sich die Wettbewerbshüter im Weihnachts-Stress: In diesen Tagen werden sie etwa entscheiden, ob die Strabag die Cemex Austria schlucken darf, ob die VCP Telematics Holding bei der tschechischen Kapsch Telematic einsteigen darf oder ob die Baufirma Habau die Östu-Stettin zur Gänze übernehmen darf.
Übrigens: Die Österreicher könnten sogar Einspruch erheben, falls es etwas gegen die geplante Übernahme der Bayerischen Landesbank durch den Freistaat Bayern einzuwenden gäbe.
Heute: Ein Fünftel
weniger Übernahmen
M&A-Experte Nischer: "Wieder kein einziger Deal mit einer Private-Equity- Gesellschaft."