Nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern nimmt die Fruchtbarkeit mit dem Alter ab.
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Genf/Wien. Wegen ihres Ablaufdatums gilt die weibliche Fruchtbarkeit als Gratmesser, um abzuschätzen, ob sich noch ein Kind ausgeht oder nicht. Denn jedes Mädchen kommt mit rund 300.000 Follikeln in den Eierstöcken zur Welt und die besten reifen zuerst. Je weniger Eizellen im Vorrat sind, desto schwieriger wird es, schwanger zu werden. In den Jahren vor dem Wechsel endet die Fertilität der Frau - die Sexualhormone werden weniger und der Körper stellt seinen Hormonhaushalt um.
Männer kennen diesen Mechanismus nicht. Sie haben keine biologische Uhr, mit deren Mitternachtsgong die Fruchtbarkeit endet. Rein theoretisch sind sie somit bis ins Alter zeugungsfähig. In der Praxis sieht es jedoch anders aus: Auch bei Männern gibt es nämlich einen Zeitmesser, berichten US-Forscher erstmals anhand eines großen Datensatzes. Charlie Chaplin und Luciano Pavarotti, die bis ins hohe Alter Nachkommen zeugten, seien berühmte Ausnahmen, erläutert das Team des Beth Israel Deaconess Medical Center und der Harvard Medical School in Cambridge im US-Staat Massachusetts. Laura Dodge und ihre Kollegen wollen ihre detaillierten Studienergebnisse am Dienstag beim Fachkongress der Europäischen Gesellschaft für Fortpflanzungsmedizin und Embryologie (Eshre) in Genf präsentieren.
Die Forscher haben 19.000 Versuche von 7753 Paaren ausgewertet, die zwischen den Jahren 2000 und 2014 eine Klinik für künstliche Befruchtung in der US-Stadt Boston aufgesucht haben. Bei der High-Tech-Methode der In-vitro-Fertilisation (IVF) werden Ei- und Samenzellen entnommen und in der Petrischale im Kulturmedium befruchtet. Danach wird das befruchtete Ei in den Mutterleib eingesetzt. Da bei dem Prozess jeder Schritt dokumentiert ist, sind die Erfolgsraten exakt bekannt.
Wie die Daten zeigen, sinken die Chancen, ein Kind zur Welt zu bringen, nicht nur mit dem Alter der Frau, sondern auch mit dem Alter des Mannes.
Umwelt schädigt die DNA
Die Forscher unterteilten Frauen und Männer in Altersgruppen von unter 30 Jahren, 30 bis 35, 35 bis 40 und 40 bis 42 Jahre. Der biologischen Uhr geschuldet, war die kumulierte Erfolgsrate nach bis zu sechs IVF-Versuchen dann am geringsten, wenn die Frau das Alter von 40 bis 42 Jahren erreicht hatte. Ab diesem Zeitpunkt erhöhte die Jugendlichkeit des Mannes die Chance, dass ein gesundes Baby zur Welt kommt, kaum bis nicht. Bei jüngeren Frauen sah es anders aus. Hier machte das Lebensalter des Mannes viel aus: Je älter er war, desto weniger Babys kamen in bis zu sechs IVF-Versuche zur Welt.
Nur 46 Prozent der Paare, in denen die Frau unter 30 und der Mann 40 bis 42 Jahre alt war, wurden zu Eltern. Im Gegensatz dazu bekamen 73 Prozent aller Paare, in denen die Frau 30 und der Mann nur 30 bis 35 Jahre alt war, nach ein paar Versuchen ein Kind. "Weiters zeigte sich, dass Frauen im Alter von 35 bis 40 signifikant von einem jüngeren Partner profitierten", wird Dodge in einer Aussendung der Eshre zur Studie zitiert. Zusammen mit unter 30-jährigen Partnern ergab die Erfolgsrate hier 70 Prozent. Sind die Männer hingegen älter, geht die Schere besonders in dieser Altersgruppe zu: In den kritischen Jahren, in denen bei Frauen die Fruchtbarkeit in kurzer Zeit stark abnimmt, senken ältere Partner die Chancen auf Elternschaft noch zusätzlich.
Auch bei Versuchen, auf natürlichem Weg schwanger zu werden, wird das Alter des Mannes mit höheren Risiken gleichgesetzt. Die Gründe sind wenig erforscht - einige Studien deuten auf die Auswirkungen schädlicher Umwelteinflüsse hin, die die DNA in den Spermien schädigen.
Während es bei Frauen als erwiesen gilt, dass mit dem Alter immer mehr chromosomale Schäden in den Eizellen auftauchen, scheinen die Mechanismen bei Männern komplizierter zu sein. "Die Samenqualität spielt sicher eine Rolle. Aber wie es scheint, ist das nicht alles, denn das Bild ist ähnlich, wenn die Fruchtbarkeit des männlichen Partners völlig intakt ist, somit muss noch etwas anderes beteiligt sein", erklärt Dodge. Obwohl im männlichen Hoden tagtäglich neue Samenzellen entstehen, sammeln die Spermien-produzierenden Zellen ihm Laufe des Lebens immer mehr Mutationen an, die weitergegeben werden. Die Forscher wollen die Ursachen anhand noch größeren Datenbanken erforschen.