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Auch Berlusconis Privatkasse droht der Kuckuck

Von Rainer Mayerhofer

Europaarchiv

Fininvest-Holding des Premiers soll 560 Millionen Euro Strafe zahlen. | Zwanzig Jahre Justizstreit um den Mondadori-Verlag.


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Mailand. Italiens Premierminister Silvio Berlusconi bereitet derzeit nicht nur die finanzielle Lage seines Landes Kopfzerbrechen. Auch die privaten Finanzen des Medientycoons stehen vor schweren Turbulenzen, seit am Wochenende ein Mailänder Berufungsgericht die von der Berlusconi-Familie kontrollierte TV-Holding Fininvest zur Zahlung einer Entschädigung von 560 Millionen Euro an die Mailänder Industriegruppe CIR verurteilt hat. Das größte Aktienpaket dieses Konzerns hält der Medienunternehmer Carlo De Benedetti, den Berlusconi 1989 durch Tricks bei der Übernahme des renommierten Mondadori-Verlags ausgestochen hatte. Berlusconi tobte wieder einmal über die Richter, denen er vorwarf, ihm schaden und die Regierung stürzen zu wollen. Die Mailänder Börse reagierte am Montagmorgen nervös auf das Urteil: Die Mondadori-Aktien fielen um 5 Prozent, jene des Berlusconi-Konzerns Mediaset gaben zwischen 2 und 3 Prozent nach.

Das Verfahren rund um die Übernahme des Mondadori-Konzerns dauerte seit nunmehr 20 Jahren an. 1988 hatten die Konzernerben mit Carlo De Benedetti, der seit 1985 mit 16 Prozent an dem Verlag beteiligt war - Berlusconi besaß 6 Prozent der Aktien -, eine Übergabe vereinbart. Zu Jahresende 1989 übergaben die Erben das Aktienpaket jedoch an Berlusconi. 1990 stellte ein aus drei Richtern bestehendes Kollegium jedoch fest, dass der Vertrag zwischen De Benedetti und den Mondadori-Erben aus dem Jahr 1988 immer noch gültig sei. Das römische Berufungsgericht annullierte aber im Jänner 1991 den Vertrag aus dem Jahr 1988.

Berlusconi und sein Rechtsanwalt Cesare Previti wurden beschuldigt, die Richter in dem Verfahren bestochen zu haben. 2003 wurden Previti und der Richter Vittorio Metta verurteilt.

Prozesse ohne Ende

Das Berufungsgericht kassierte diese Urteile zwei Jahre später. Das Kassationsgericht hob 2006 die Freisprüche aber wieder auf und Previti und Metta wurden 2007 im Berufungsverfahren neuerlich verurteilt.

In einem Zivilprozess im Oktober 2009 wurde De Benedetti eine Entschädigung von 750 Millionen Euro zugesprochen. Dagegen legten Berlusconis Anwälte Einspruch ein. Im Berufungsverfahren wurde die Summe jetzt auf 540 Millionen plus 20 Millionen Zinsen herabgesetzt.

Offensichtlich in Erwartung des Urteils hatte Berlusconi versucht, einen Passus in das Sparpaket aufzunehmen, durch den eine Zahlung derart hoher Entschädigungen künftig unmöglich gemacht würde. Der heftige Protest der Opposition führte zur Streichung dieses Vorhabens. Jetzt überlegt Berlusconi aber eine Initiative im Senat. Er will „nicht einmal eine Lira” zahlen.