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Auch Boeings 787 hebt erst später ab

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Boeing räumt Probleme bei der Montage ein. | Schon fast 750 Flugzeuge bestellt. | Kohlefaser-Rumpf kommt aus Italien. | Grottaglie/Chicago. Rückschlag für Boeing: Wegen Problemen bei Produktion und Montage muss der US-Flugzeugbauer die Auslieferung seines neuen Modells 787 jetzt doch um sechs Monate verschieben. Das Verkehrsflugzeug, das erstmals überwiegend aus Kohlefaser gebaut wird, soll nun statt im Mai erst gegen Ende des kommenden Jahres an die japanische Gesellschaft All Nippon Airways ausgeliefert werden.


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Der Termin für den Erstflug, der ursprünglich schon sechs Wochen nach dem Roll-out am symbolträchtigen 8. Juli - 7/8/07 in amerikanischer Datumsschreibweise - hätte stattfinden sollen, wurde ebenfalls - zum dritten Mal - auf das Frühjahr 2008 verschoben.

Boeing setzt große Hoffnungen in die 787: Es ist das erste neue Flugzeug des US-Konzerns seit 1995 und soll um 20 Prozent weniger Treibstoff als herkömmliche Maschinen aus Aluminium verbrauchen. Verkauft ist es bereits hervorragend, an die 750 feste Bestellungen von 50 Kunden weltweit hat Boeing in den Büchern - der erfolgreichste Start aller Zeiten für ein Flugzeugprogramm. Die Produktionskapazitäten im Endmontagewerk in Everett bei Seattle sind bis 2013 ausgelastet.

Probleme mit Bolzen

Jetzt muss es nur noch abheben. Aber genauso wie beim europäischen Konkurrenten Airbus, bei dem massive Kabelprobleme die Auslieferung des Superjumbos A 380 um gut zwei Jahre verzögerten (siehe Bericht unten), steckt der Teufel auch in Seattle im Detail: Es sind die Bolzen. Jene Befestigungen aus Titan und Aluminium, mit denen die revolutionären neuen Kohlefaser-Rumpfsektionen zusammengehalten werden sollen, kommen - neben ein paar anderen kleineren Teilen - nicht schnell genug aus den über alle fünf Kontinente verstreuten Zulieferwerken.

Trotz der Probleme bleibt Konzernchef Jim McNerney zuversichtlich. "Wir sind vom Design des Flugzeugs voll überzeugt", sagte er. Bereits Ende 2009 will man den Rückstand wieder aufgeholt haben: Dann sollen 109 statt wie bisher geplant 112 Maschinen ausgeliefert sein. Sorgen der Aktionäre, die Verzögerung könnte ähnlich wie bei Airbus zu Milliardenkosten führen, versuchte Boeing im Hauptquartier in Chicago noch am Donnerstag zu zerstreuen: Die Gewinnprognosen für 2007 und 2008 blieben aufrecht, hieß es. Die Aktie gab dennoch um bis zu vier Prozent nach.

Bereits die Verschiebung des Jungfernflugs im Sommer hatte Spekulationen ausgelöst, das revolutionäre Design des Langstreckenflugzeugs könnte zu großen Produktionsproblemen führen. Boeing hatte daraufhin erstmals nach Produktionsbeginn einer Gruppe internationaler Journalisten Zutritt zum Werk des italienischen Zulieferers Alenia in Apulien gewährt. In Grottaglie bei Brindisi baut die Tochter des italienischen Flugzeug- und Rüstungskonzerns Finnmeccanica in einem binnen 16 Monaten eigens dafür auf die grüne Wiese gestellten neuen Werk mit 750 Mitarbeitern die zwei größten Rumpfsektionen für die 787 - in jeweils einem Stück, komplett aus Kohlefaser-Composite-Werkstoffen.

Obwohl dort - wegen der Größe der Teile - völlig neue, großteils automatisierte Produktionsverfahren erst entwickelt werden mussten, gibt es in diesem Bereich keine Produktionsprobleme und Verzögerungen, versicherte Boeing-Manager Jim Haas.

Denn der Werkstoff selbst sei nicht wirklich neu: Alenia liefert seit den 60er-Jahren Composite-Teile an Boeing. Neu sei, dass die gewichtsparenden Materialien in so hohem Ausmaß verwendet werden: Bei der Boeing 777 etwa habe der Anteil der Kohlefaserteile am gesamten Flugzeug rund 11 Prozent betragen, bei der 787 sind es mehr als 50 Prozent. Die zwei Rumpfsektionen, die mehr als ein Viertel des ganzen Flugzeuges ausmachen, werden mit einem eigens dafür aufgestockten 747-Transportjumbo in die USA geflogen - und bisher gab es auch nicht den kleinsten Produktionsfehler zu monieren, wie die Alenia-Leute stolz betonten.