Die gestrige Erste Lesung des Budgetentwurfs von Finanzminister Karl-Heinz Grasser glich mehr der Pflicht als einer Kür: Dementsprechend routiniert und abgeklärt prallten am Donnerstag die Argumente von Schwarz-Blau und Rot-Grün aufeinander. Während die Abgeordneten der Regierungsfraktion einmal mehr den Entwurf in hellsten Tönen lobten, geizten die Vertreter der Opposition nicht mit vernichtender Kritik. Gehör jenseits der "Frontlinie" fand keiner der Beteiligten.
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Auch politische Emotionen lassen sich nicht unbegrenzt am Lodern halten. Das war gestern im Hohen Haus am Ring unübersehbar. Zwar bemühten sich sämtliche Beteiligten nach Vermögen, die Glut der Erregung so gut es eben ging am Leben zu erhalten, aber selbst die feurigsten Rededuelle verlieren ihren Reiz, wenn sie bereits zum x-ten Mal ausgetragen werden. So geschehen gestern im Nationalrat.
Für die SPÖ eröffnete Parteichef Alfred Gusenbauer den Schlagabtausch: Er bezweifelte, dass die von Grasser vorgelegten Zahlen überhaupt halten. Schließlich habe der Finanzminister auch beim Vollzug 2004 um 1,4 Milliarden Euro geirrt. Für Gusenbauer ein Hinweis, "dass Sie beim Budget 2006 geschummelt haben". Entsprechend befürchtet der SP-Vorsitzende für den Tag nach der Wahl eine ganz massive Belastungswelle in Form von Lohnkürzungen unter dem Titel Arbeitszeitflexibilisierung sowie die Einführung von Schulgeld. Seinem Budgetsprecher Christoph Matznetter war einmal mehr die Steuerreform, und hier insbesondere die Gruppenbesteuerung für Konzerne, ein Dorn im Auge: Diese werde den Fiskus noch teuer zu stehen kommen, warnte er.
Die Person des Finanzministers selbst stand dagegen im Visier der Grünen. Politische Korruption fange nicht erst dort an, wo die Staatsanwaltschaft strafrechtlich tätig werde, monierte Bundessprecher Alexander Van der Bellen und verwies dabei auf die Homepage- und Flugkosten-Affäre Grassers. Inhaltlich kritisierte Van der Bellen einmal mehr die Kürzungen im Pflichtschullehrerbereich (siehe Artikel unten).
Grasser selbst rechtfertigte noch einmal seine in Zahlen gegossene Politik für das kommende Jahr: Beim Budget 2006 "sinkt das Defizit, es sinkt die Finanzschuld, es sinken die Steuern und Abgaben. Es ist verantwortungsbewusst gemacht." Dem konnte auch Staatssekretär Alfred Finz nur zustimmen. Von Rot-Grün hätte er sich mehr, nämlich Tipps, wie man ein Budget "richtig" macht, erwartet: "Kein Defizit und in allen Bereichen mehr ausgeben. Wie machen Sie's denn anders. Sagen Sie's doch."
Auch FPÖ-Klubchef Herbert Scheibner ließ an der Opposition, insbesondere der SPÖ, kein gutes Haar: "Ihre Alternative ist: Dagegen sein, dagegen sein, dagegen sein." Dass nach 2006 ein neues Sparpaket drohen könnte, wies Scheibner zurück.
Nach Abschluss der Ersten Lesung geht das Budget nun in den Ausschuss, wo die Beratungen am 8. März mit einem öffentlichen Hearing beginnen. Beschlossen werden soll es am 7. April.