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Auch die Gegner schlafen nicht

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Warschau - Der EU-Beitritt ist für Polen noch keine ausgemachte Sache. Zwar scheint die polnische Regierung nach Abschluss der Beitrittsverhandlungen gestärkt. Doch spätestens bei der ersten Parlamentsdebatte nach dem Gipfel in Kopenhagen war klar, dass die Opposition auch in den kommenden Monaten die Erweiterung heftig in Frage stellen wird.


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Andrzej Lepper wollte es wissen. Der selbst ernannte Bauernführer und Vorsitzende der "Samoobrona" (Selbstverteidigung) fragte Ministerpräsident Leszek Miller, ob dieser Polen für 50 Euro verkauft habe. Er meinte jene Summe, die Miller Präsident Aleksander Kwasniewski gemeinsam mit seinem Bericht aus Kopenhagen überbracht hatte.

Eigentlich wollte Miller die Sitzung im Sejm am Wochenende dazu nutzen, die Abgeordneten über die Ergebnisse der Verhandlungen in Kopenhagen zu informieren. Er musste aber ebenso Leppers Aussagen als "Frechheit" und dessen Forderung nach Nachverhandlung der Beitrittsbedingungen zurückweisen.

"Polen hat die EU verdient, ebenso wie die EU Polen verdient hat", meinte Miller. In seinen Danksagungen ließ er auch die EU-kritische Opposition nicht unerwähnt. Diese hätte den VerhandlerInnen geholfen, ihre Argumente weiter auszuarbeiten.

Überzeugende Darlegungen wird die Regierung auch in den kommenden Monaten brauchen. Denn voraussichtlich am 8. Juni entscheiden die Polinnen und Polen in einem Referendum über den EU-Beitritt ihres Landes. Und da dessen GegnerInnen eine starke - wenn auch stimmenmäßig nicht überlegene Fraktion - im Parlament bilden, werden genug Gegenargumente in die öffentliche Debatte einfließen.

Die Akzeptanz für die ausverhandelten Erweiterungsbedingungen ist derzeit dennoch hoch: Laut einer Umfrage für die "Rzeczpospolita" befürworten 72 Prozent der PolInnen den EU-Beitritt. In Folge gilt es, die Bevölkerung zur Teilnahme am Referendum zu mobilisieren: Für dessen Gültigkeit ist nämlich eine Wahlbeteiligung von 50 Prozent nötig.