Streit, ob 3500 Euro Tagesspesen mit Abrechnungen belegt werden müssen.
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Rom. Mit dem Versprechen, dass die Abgeordneten seiner Partei künftig nur 2500 Euro netto verdienen würden, war der Chef der 5-Sterne-Bewegung, Beppe Grillo im Wahlkampf durchs Land gezogen. Seine Abgeordneten sollten auf die Hälfte des 10.000-Euro-Bruttogehalts verzichten. Jetzt ist unter den Grillini, die sich möglichst fernab der Öffentlichkeit zu Tagungen treffen und den Journalisten ein Verwirrspiel liefern, eine heftige Debatte über die Tagesspesen entbrannt. 3500 Euro stehen den italienischen Abgeordneten monatlich dafür zu und Grillo entschied, dass seine Abgeordneten künftig doch mehr als die ursprünglich genannten 2500 Euro monatlich verdienen dürfen. Es dürfen auch 6000 Euro sein.
Tatsächlich hatten die Grillini nie behauptet, dass sie auf die Tagesspesen verzichten würden. Der Streit innerhalb der 5-Sterne-Bewegung geht jetzt darum, ob jeder Euro dieser Tagesspesen mit Belegen nachgewiesen werden und der nicht verbrauchte Teil der Spesen in einen Fonds eingezahlt werden muss - so wie jener Gehaltsteil, auf den die Grillini freiwillig verzichten.
Einige M5S-Abgeordnete legen sich quer: "Wenn wir damit anfangen, dann müssen wir auch jeden Kaffee und Kaugummi mit einem Beleg nachweisen und das Ganze artet in Arbeit aus, aber unsere Arbeit als Parlamentarier besteht in anderen Dingen." Einige besonders radikale Abgeordnete bestehen aber auf totaler Transparenz der Spesenabrechnung. Bis 27. April, wenn die Neo-Abgeordneten ihr erstes Gehalt bekommen, muss die Frage gelöst sein.
Daneben gärt unter den M5S-Abgeordneten die Frage, ob man mit der Demokratischen Partei (PD) in Dialog treten soll. Einige Abgeordnete befürworten das - nicht zuletzt in Hinblick auf die in der kommenden Woche anstehenden Präsidentenwahlen. Beppe Grillo hat in seinem Blog angekündigt, dass die Mitglieder seiner Partei am Donnerstag, 11. April, online einen Kandidaten für die Präsidentenwahl bestimmen können, der aber nicht aus der Politik kommen dürfe.
Bersani kündigt Abgangals Parteichef an
Die PD, die ab dem vierten Wahlgang mit Unterstützung der Zentrumsparteien um Mario Monti allein einen Kandidaten wählen könnte, strebt eine breite Unterstützung für den neuen Präsidenten an. Ein erstes Treffen zwischen PD-Chef Pier Luigi Bersani und Silvio Berlusconi fand schon am Dienstag statt. Im Mittelpunkt habe die Wahl eines Nachfolgers für Staatspräsident Giorgio Napolitano gestanden, sagte eine Bersani-Sprecherin. Weitere Treffen folgen in den nächsten Tagen.
Voraussichtlich am Donnerstag wollen die beiden von Napolitano bestellten Expertenkommissionen ihr Programm für wirtschaftliche und politische Reformen, darunter ein neues Wahlrecht, vorstellen, das als Grundlage für ein Regierungsprogramm dienen soll.
Indes kündigte Bersani an, im Herbst auf die Führung seiner Mitte-links-Kraft PD zu verzichten: "Ich werde beim nächsten Parteikongress im Oktober nicht mehr kandidieren. Ich hoffe, dass es mehr Kandidaten mit verschiedenen Profilen geben wird." Auf die Frage nach seiner Zukunft antwortete er ironisch: "Ich werde mich als Philosoph betätigen".