Zum Hauptinhalt springen

Auch die Kleinen müssen brennen, weil Kapital ein scheues Reh ist

Von Brigitte Pechar

Analysen

Laut dem Budgetfahrplan müssen im kommenden Jahr 1,7 Milliarden Euro mehr auf der Einnahmenseite des österreichischen Finanzministers stehen; 2,5 Milliarden müssen Bund (1,7 Milliarden) und Länder (800 Millionen) auf der Ausgabenseite zusätzlich zustande bringen, um die Neuverschuldung auf 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken. | Bis 2014 soll das Defizit sogar schon auf 2,3 Prozent gedrückt sein. Dafür sind kumuliert fast 6 Milliarden Euro notwendig - mindestens 2,8 Milliarden durch höhere Steuereinnahmen. Im Vergleich zu Griechenland, Spanien oder Portugal sind das Traumwerte, der Weg dorthin ist aber auch hierzulande dornenvoll. Noch im Vorjahr wurde den Österreichern von der Regierung einhellig versichert, dass es keine neuen Steuern geben werde. Jetzt befinden wir uns mitten in einer Steuererhöhungsdiskussion. Fix ist dabei lediglich die Bankenabgabe.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Bundeskanzler Werner Faymann will, dass die Verursacher der Krise die Zeche zahlen. Nach dem Motto: Wir sanieren das Budget mit Beiträgen der Reichen. Finanzminister Josef Pröll wiederum schlägt die Ökologisierung des Steuersystems vor - verbunden mit der Senkung der Lohnnebenkosten. Was das für die Pendlerpauschale bedeutet, ist offen. Anderswo diskutiert man nämlich, ob Pendler nicht zusätzlich zahlen sollen - in Österreich erhält jeder Steuerzahler einen Verkehrsabsetzbetrag, auch wenn er zu Fuß zur Arbeit geht.

Egal, wie man es nimmt mit der Ökologisierung - es wird von einer Milliarde Euro gesprochen, die man mit höheren Abgaben auf CO2-

Belastung, Strom oder Ölprodukte einnehmen will - kann die Einnahmenseite nicht abgedeckt werden.

Bei der Besteuerung der Reichen wiederum stellt sich die Frage, ob die Zahlen, die der Kanzler kolportiert, realistisch sind. Bekanntlich ist Kapital beweglich. Zuletzt hat das Julius Meinl eindrucksvoll gezeigt, als er 100 Millionen Euro für seine Kaution binnen Stunden über Staatsgrenzen transferiert hat.

Sollte also die Stiftungsbesteuerung massiv erhöht werden - laut Faymann wären hier 200 bis 400 Millionen Euro zu holen -, könnte das hier geparkte Kapital schnell weg sein. Und was bliebe dann als Grundlage für die höhere Besteuerung? Auch die geplante Börsenumsatzsteuer nimmt sich vor dem Hintergrund, dass Aktiengeschäfte nicht unbedingt in Wien abgewickelt werden müssen, flüchtig aus. Da ist es natürlich einfacher, alle Haushalte über höhere Steuern für Gas und Strom zu belasten, die können schließlich nicht weglaufen.

Rettung könnte aus Brüssel kommen. Sollte sich die EU doch zu einer Finanztransaktionssteuer durchringen, wäre die Steuerdebatte in Österreich beendet. Denn damit könnten zwischen 500 Millionen und 1,5 Milliarden Euro in die Kasse fließen. Der Koalitionsfriede wäre gerettet und auch das Schreckgespenst einer Mehrwertsteuererhöhung vom Tisch.