Der heurige Verlust der Raiffeisen Bank International erschüttert den gesamten Raiffeisen-Sektor.
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Wien. Dass die Raiffeisen Bank International (RBI) heuer zum ersten Mal in ihrer Geschichte in die roten Zahlen rutscht, wird für den gesamten Raiffeisen-Sektor ein Beben zur Folge haben. Noch ist allerdings unklar, in welchem Ausmaß. Denn RBI-Chef Karl Sevelda hat am Dienstag für den zu erwartenden Verlust eine ziemlich große Bandbreite von 50 bis 500 Millionen Euro genannt. Eines ist jedoch sicher: Das Minus und der sehr wahrscheinliche Dividendenentfall werden durchschlagen bis zur kleinsten Raiffeisenkasse.
Warum das so ist? Die börsenotierte RBI gehört zu 60,7 Prozent der Raiffeisen Zentralbank (RZB) und ist ihre mit Abstand wichtigste und größte Beteiligung. Die RZB selbst steht zu fast 90 Prozent im Eigentum der acht regional tätigen Raiffeisenlandesbanken, und die wieder gehören je nach Bundesland den Raikas, den lokalen Raiffeisenkassen.
Während also die RZB direkt an der RBI beteiligt ist, sind es alle Landesbanken und Raikas indirekt. Das Ergebnis der RBI fließt in die Bilanz der RZB ein, deren Ergebnis beeinflusst dann das Ergebnis der Landesbanken und in weiterer Folge das der Raiffeisenkassen. Genauso verhält es sich mit der Dividendenausschüttung, wobei vereinfacht gesprochen eine Umverteilung stattfindet (von der RBI über die RZB zu den Landesbanken bis hin zu den Raikas).
Verlust auch bei RZB?
Was die Auswirkungen des überraschenden RBI-Verlusts auf die jeweiligen Bilanzen betrifft, so ist man im Bankenreich der Giebelkreuzer vorerst noch am Rechnen. "Jedes Haus analysiert das jetzt für sich selbst", hieß es am Dienstag zur "Wiener Zeitung".
Sollte der RBI-Verlust im laufenden Geschäftsjahr eher bei 500 Millionen als bei 50 Millionen Euro zu liegen kommen, würde dies die RZB empfindlich treffen. Sogar ein Verlust wäre dann bei ihr nicht auszuschließen, heißt es in der Finanzbranche. Bei der RZB hieß es dazu: "Zum jetzigen Zeitpunkt sind das reine Spekulationen." 2013 hatte die Mutter der RBI unter dem Strich einen Konzerngewinn von 422 Millionen Euro eingefahren, im Jahr davor waren es 370 Millionen Euro gewesen.
Die Raiffeisenlandesbank (RLB) Niederösterreich-Wien, mit knapp 35 Prozent die größte Aktionärin der RZB, räumte am Dienstag in einer Aussendung ein, dass der RBI-Verlust über die RZB "negative Auswirkungen" auf den Jahresüberschuss haben werde. Näheres wurde jedoch nicht mitgeteilt. Eine Sprecherin betonte aber: "Unser Ergebnis hängt nicht nur von der RZB ab, und das Jahr ist noch nicht vorbei." 2013 hatte die RLB NÖ-Wien einen Gewinn von 145,4 Millionen Euro erzielt, im ersten Halbjahr 2014 waren es 62,5 Millionen.
Neben der RZB-Beteiligung ist für ihre Konzernbilanz neben dem Firmen- und Privatkundengeschäft sowie dem Verbundgeschäft mit den Raikas vor allem der Ergebnisbeitrag der Raiffeisen-Holding wichtig. Die prominentesten Beteiligungen der Holding sind Strabag, Agrana, Südzucker, Leipnik-Lundenburger, Medien (etwa der "Kurier") oder NÖM. Ihre wesentlichen Industrie- und Dienstleistungstöchter setzen insgesamt 23 Milliarden Euro um und kamen 2013 zusammen auf einen Gewinn von fast 180 Millionen Euro.
Bangen um die Dividende
Auch die RLB Oberösterreich, mit 14,6 Prozent zweitgrößte Aktionärin der RZB, hat am Dienstag vorerst keine detaillierten Angaben zu den Auswirkungen des RBI-Verlusts für ihr Konzernergebnis gemacht. "Dafür werden vor allem das anteilige Ergebnis der RZB-Gruppe sowie Bewertungen ausschlaggebend sein", betonte ein Sprecher. Aus heutiger Sicht sei für 2014 jedoch mit einem positiven Ergebnis zu rechnen.
Für die Frage, ob die insgesamt acht Landesbanken auch für heuer eine Dividende kassieren, wird entscheidend sein, ob die RZB trotz RBI-Verlusts einen ausschüttungsfähigen Gewinn erwirtschaften kann. Das wiederum wird davon abhängig sein, wie hoch der RBI-Verlust letztlich ausfällt. "Das alles lässt sich jetzt noch nicht sagen", heißt es bei Raiffeisen.
Dass die RBI für 2014 die Dividende voraussichtlich kappt, muss im Übrigen nicht bedeuten, dass auch die RZB keine Dividende an die Landesbanken zahlt - und die wiederum keine an die Raikas. Für 2013 hatte die RBI eine Dividende von insgesamt 298,3 Millionen Euro gezahlt (für das Jahr davor 228,1 Millionen). Zum Vergleich: Bei der RZB waren es für 2012 und 2013 jeweils 244 Millionen Euro.