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Auch die Türkei stellt Bedingungen

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Nein zu einer Alternative zur Vollmitgliedschaft, und ein Nein zur Verknüpfung mit der Zypern-Frage: Die türkische Regierung will EU-Beitrittsverhandlungen ohne zusätzliche Auflagen beginnen. In Brüssel berieten die EU-Botschafter über einen zweiten Gipfelentwurf zur Aufnahme von Gesprächen mit Ankara. Das Verhandlungsziel bleibt offen.


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Bedingungslos will sich Ankara den Vorgaben Brüssels nicht beugen. Die Festlegung einer Alternative zur Vollmitgliedschaft und eine Anerkennung der Republik Zyperns als Voraussetzung für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen komme nicht in Frage, stellte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan klar. Der Unterstützung der Opposition kann er dabei sicher sein.

Auf eine Anerkennung drängt aber nicht nur die Inselrepublik selbst, sondern auch Griechenland. Doch eine Lösung der Zypern-Frage sei kein Kriterium, das die Türkei noch vor dem EU-Gipfel am 16. und 17. Dezember erfüllen müsse, meinte der niederländische EU-Ratsvorsitzende Jan Peter Balkenende bei seinen Besuchen in Nikosia und Athen. Stattdessen sieht sich Ankara mit anderen Bedingungen konfrontiert. So sieht der zweite Gipfelentwurf die Möglichkeit langer Übergangsfristen, Ausnahmen, spezifischer Abmachungen oder dauerhafter Schutzklauseln in den Bereichen freier Personenverkehr oder Struktur- und Agrarpolitik vor. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass die Türkei den Schutz der Grundfreiheiten und Menschenrechte "irreversibel" verwirklichen müsse. Auch würde die EU von der Türkei und künftigen Kandidaten verlangen, EU-Recht anzuwenden und nicht wie bisher zunächst lediglich zu übernehmen.

Die etwa von Österreich und Frankreich geforderte Festlegung einer Alternative zur Vollmitgliedschaft wird kaum Eingang in die Schlusserklärung finden. Doch das Verhandlungsziel bleibt offen. Darüber sollen die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen entscheiden - ebenso wie über den Beginn der Beitrittsgespräche.

Frankreich will sich überdies das Recht nehmen, seine Bevölkerung in einem Referendum über den Beitritt der Türkei abstimmen zu lassen. Griechenland möchte den Streit über Inseln in der Ägäis vor dem Internationalen Gerichtshof ausgetragen wissen. Vor den Folgen einer Ausgrenzung seines Landes warnte daraufhin der türkische Botschafter bei der EU, Oguz Demiralp. Falls die Union nicht über eine Vollmitgliedschaft verhandeln wolle, sei der pro-europäische Kurs der Türkei nicht mehr gesichert.