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Portugal und Finnland wollen bei Griechenland-Hilfe nicht mitmachen, Frankreich hat vorerst höheren Beitrag angekündigt. | Frankfurter Währungshüter sind auch wegen Großbritannien besorgt. | Internationaler Währungsfonds stellt sich auf mindestens fünfjährige Sanierung des Landes ein. | Griechenland-Hilfskonto wird bei der EZB eröffnet. | Frankfurt/Brüssel. Während in Athen und Brüssel die Köpfe rauchen, um das drakonische Maßnahmenpaket Griechenlands zur Verringerung des Budgetdefizits genau durchzurechnen, sind die europäischen Notenbanker schon einen Schritt weiter. Sie machen sich weiterhin Sorgen wegen einer Ansteckung der griechischen Malaise.
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Das Vertrauen der Finanzmärkte (also der weltweit agierenden Banken und Fonds) in den Euro und in die Europäische Union ist arg beschädigt. Am Freitag gab es ein - nicht bekannt gegebenes - informelles Telefongespräch der Notenbank-Gouverneure. Aufzeichnungen davon wurden verboten.
Und die Europäische Zentralbank wird - wie der Wiener Zeitung bestätigt wurde - am Sonntag ebenfalls eine Sitzung des Gouverneurrats in Frankfurt abhalten, das unter einem anderen Thema läuft, um Diskretion zu gewährleisten.
Dieser Rat ist das bestimmende Gremium der EZB. Zeitgleich treffen sich ja die Finanzminister der Eurozone in Brüssel, um über das griechische Sparpaket zu beraten, und die Vorgangsweise zur Bereitstellung der Hilfe zu beraten. Insgesamt wird es ein Paket im Ausmaß von 120 Milliarden Euro, verteilt auf drei Jahre. Wobei der Internationale Währungsfonds, von dem ein Drittel davon kommt, in seinem Programm von einer wenigsten fünfjährigen Sanierungsphase ausgeht, war am Samstag abend zu hören.
EZB sorgt sich generell um Bonität der EU
Die EZB sorgt sich offensichtlich mittlerweile um die Bonität der EU generell. Insider berichten, dass in der EZB Analysen kursieren, die einen Schwerpunkt auf Großbritannien legen. Sollte es dort nach den Wahlen am 6. Mai keinen klaren Sieger geben, wird ein weiteres Abrutschen der britischen Währung befürchtet. Auch eine Verschlechterung der Bonität des drittgrößten EU-Landes steht dann im Raum, ein ungeheurer Vorgang. Derzeit liegen die Konservativen (Tories), die regierende Labour-Partei, und die Liberaldemokraten in den Umfragen relativ eng beisammen. Ohne klare Mehrheiten im britischen Unterhaus würde jedoch die Budgetkonsolidierung stocken. Auch die Briten müssen ein Haushaltsdefizit von 13 Prozent korrigieren. Reuters berichtete, dass ein Scheitern der Griechenland-Hilfe dazu führen könnte, in der Euro-Zone die Finanzierung von insgesamt 500 Milliarden Euro neu organisieren zu müssen. Inoffiziell wird der "Wiener Zeitung" bestätigt, dass die Verantwortlichen der EZB am Freitag auch über solche neue Formen der Staatsfinanzierungen gesprochen haben. EZB-Chef Jean-Claude Trichet soll am Sonntag gemeinsam mit Währungsfonds-Präsident Dominique Strauss-Kahn und Griechenlands Premier Giorgios Papandreou in Athen das Einsparungspaket bekannt geben.
Portugal und Finnland wollen sich nicht an Hilfspaket beteiligen
Doch dies ist nicht die einzige Sorge der Währungshüter. Es gilt unter EU-Diplomaten mittlerweile als ziemlich sicher, dass Portugal bei der Griechenland-Hilfe nicht mitmacht. Wegen der angespannten Haushalts-Lage sieht sich die Regierung in Lissabon außerstande, die von ihr geforderten zirka zwei Milliarden Euro aufzubringen.
Auch Finnland widersetzte sich am Samstag der Teilnahme an den bilateralen EU-Hilfen. Auf die Finnen würden zirka 1,6 Milliarden Euro entfallen. Helsinki lehnt aber die Hilfe für den südeuropäischen Partner grundsätzlich ab, finanzielle Probleme gäbe es dabei nicht.
Österreich hat schon bekannt gegeben zu helfen, auf Österreich entfielen zirka 2,3 Milliarden Euro. (Das Geld wird mit etwa fünf Prozent verzinst.)
Der portugiesische und der finnische Anteil müssten demnach auf die verbleibenden 12 Euroländer verteilt werden. Österreichs Anteil würde sich um zirka 100 Millionen Euro erhöhen. Aus EU-Kreisen ist zu hören, dass die Franzosen bereits erklärt haben, mehr zu machen als ihre Quote ergäbe.
Das Geld für Griechenland würde also bereit stehen, doch Notenbanker, die namentlich nicht genannt werden wollen, machen sich weiterhin Sorgen um die Zukunft des Euro. Die Nicht-Teilnahme an der Griechenland-Hilfe könnte Portugal am Montag, wenn die Finanzmärkte wieder öffnen, teuer zu stehen kommen. In den vergangenen Tagen stiegen die Zinsen für portugiesische Staatsanleihen bereits, dieses Eingeständnis der Schwäche könnte noch härter abgestraft werden.
Hilfskonto wird bei EZB eröffnet
In all der Unsicherheit bis zu den Sonntag-Sitzungen der Finanzminister in Brüssel und der Notenbanker in Frankfurt, gibt es wenigstens eine Einigung: Das Konto, über das in den kommenden Jahren immerhin 120 Milliarden Euro für Griechenland, laufen werden, wird bei der Europäischen Zentralbank eröffnet. Die EU-Kommission wollte dieses Konto bei sich halten, setzte sich aber damit nicht durch.
Deutschland will Stabilitätspakt verschärfen
In Deutschland geht die Debatte um die in der Bevölkerung sehr unbeliebte Griechenland-Hilfe weiter. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Samstag vorgeschlagen, dass Länder, die dem Stabilitätspaket zuwider handeln (und Budgetdefizite von mehr als drei Prozent der Wirtschaftsleistung haben), künftig ihr Stimmrecht in der EU solange verlieren sollen, bis sie die Kriterien wieder erfüllen. Eine klare Botschaft an notorische Budgetsünder in Südeuropa.
Die deutsche Regierung hat ihre Banken dazu gezwungen, sich an der Finanzierung Griechenlands zu beteiligen. Immerhin verdienten die Institute bisher an den Geschäften blendend. Nun könnten sich weitere europäische Banken daran anhängen. Reuters berichtet, dass der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, dies koordinieren will.