Nach seinem Chefstrategen Karl Rove verliert Präsident George W. Bush nun mit Justizminister Alberto Gonzales innerhalb von wenigen Tagen einen weiteren seiner engsten Mitarbeiter. Seit den Midterm-Wahlen vom November 2006, bei denen die oppositionellen Demokraten im Repräsentantenhaus die Mehrheit gewinnen konnten, wird die Luft rund um den US-Präsidenten dünn.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Zuerst ging Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der Hauptverantwortliche für das Irak-Debakel, das eine der Hauptursachen für die republikanische Wahlschlappe war. Außerdem warfen in den letzten Monaten eine Reihe wichtiger Mitarbeiter das Handtuch, unter ihnen Bushs Justizberaterin Harriet Miers, die er seinerzeit nicht als Kandidatin für das Höchstgericht durchgebracht hatte, sein Budgetdirektor Rob Portman und der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater J.D. Crouch.
Bushs Stabschef Josh Bolton hatte vor Kurzem erklärt, dass all jene engen Präsidentenmitarbeiter, die nicht bis zum Ende von Bushs Amtszeit im Jänner 2009 im Amt bleiben wollten, bis zum Labor Day am 3. September ihren Abschied nehmen sollten.
Für Alberto Gonzales stellte sich aber nicht mehr die Frage des Wollens, sondern die des Könnens. Der von mexikanischen Einwanderern abstammende Justizminister, der des höchste Amt bekleidete, das je ein Latino in den USA erreicht hat, stand seit seiner Berufung im Februar 2005 stets im Mittelpunkt heftiger Kritik. Schon bei den Senatsanhörungen nach seiner Nominierung wurde ihm zum Vorwurf gemacht, im Zusammenhang mit dem US-Gefangenenlager Guantanamo Bay die Genfer Konvention zur Behandlung von Kriegsgefangenen unterlaufen zu haben.
Gonzales hatte die Genfer Konvention schlicht und einfach als überholt bezeichnet. Bush musste sich dafür viele internationale Vorwürfe gefallen lassen und wurde sogar von seinem eigenen Höchstgericht in der Frage der sogenannten "feindlichen Kombattanten" zu einer Kurskorrektur gezwungen.
Endgültig das Fass zum Überlaufen brachte aber die Affäre rund um die Entlassung von acht Bundesanwälten. In den parlamentarischen Anhörungen trat immer deutlicher zutage, dass politische Erwägungen für diese Entlassungen ausschlaggebend waren und der Justizminister direkter darin verwickelt war als bei Bekanntwerden der Affäre zugegeben wurde. Bush betonte zwar immer wieder seine Unterstützung für Gonzales und brüskierte sogar das Parlament, indem er seinen Mitarbeitern die Aussage vor den Parlamentsausschüssen untersagte.
Allein das, was bekannt wurde, reichte allerdings für einen Rücktritt vollkommen. Am Montag hat Alberto Gonzales die Konsequenzen gezogen und hat seinem Freund George W. Bush eine quälende monatelange Debatte erspart.