Die Sozialpartnerschaft steht vor einer Belastungsprobe. Im November könnte es bei den Metallern und der BA-CA heiß hergehen. In beiden Fällen haben die Belegschaftsvertreter mit Streik gedroht, sollte es zu keiner gütlichen Einigung mit der Arbeitgeberseite kommen. Nachdem am Samstagmorgen die dritte Metaller-Lohnrunde nach einem 16-stündigen Marathon abgebrochen wurde, soll sie am Mittwoch fortgesetzt werden. Streitpunkte sind nicht nur die Gehaltserhöhungen, sondern ein neues Lohnschema und die Anhebung der Arbeitszeit.
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Die Kollektivvertragsverhandlungen für 119.000 Metallarbeiter und 73.900 Industrieangestellte werden am Mittwoch weitergeführt. Und die Zeit ist knapp, denn der alte Kollektivvertrag ist am 1. November abgelaufen.
Knackpunkt Vorrückungen
Die Verhandlungen wurden durch den Konflikt über ein einheitliches Lohn- und Gehaltsschema für Arbeiter und Angestellte nach dem Modell der Elektroindustrie erschwert. Knackpunkt sind dabei die Vorrückungen, die es auch für Arbeiter geben soll. Die Arbeitgeber haben als Gegenleistung die Ausdehnung der täglichen Normalarbeitszeit auf bis zu 10 Stunden, der wöchentlichen Normalarbeitszeit auf bis zu 48 Stunden beziehungsweise im Schichtbetrieb auf 56 Stunden verlangt. Diese Forderung besteht nicht nur für die Metall-Industrie. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl will für alle Bereiche ein neues Arbeitszeitmodell. Die tägliche Normalarbeitszeit soll von 8 auf 10 Stunden und die maximale Arbeitszeit von 10 auf 12 Stunden angehoben werde, damit, so die Wirtschaft, auf Auftragsschwankungen flexibel reagiert werden kann. Die Arbeitnehmer können diesem Vorstoß jedoch nichts abgewinnen, da es sich dabei um eine Kürzung der Überstundenzuschläge handelt, die für viele ein einkalkulierter Lohnbestandteil geworden sind.
Sollte die neue Metaller-Verhandlungsrunde abermals scheitern, dann könnte es zu Streiks kommen. Mit dieser Ankündigung ließ Metaller-Chef Rudolf Nürnberger am Samstag aufhorchen. Details wollte er über die möglichen Maßnahmen nicht verraten, doch er zeigte sich gegenüber der Arbeitsgeberseite kämpferisch: "Wir haben eine sehr große Palette und viel Fantasie." Nürnbergers Verhandlungspartner Hermann Haslauer zeigte sich bis zuletzt zuversichtlich: "Ich glaube, dass die Vernunft vorherrscht und dass alle bemüht sind, dass wir zu einer tragbaren Lösung für alle kommen." Schon am Donnerstag sollten die Verhandlungen abgeschlossen sein, da an diesem Tag nach der Industrie auch das Gewerbe seine Lohnrunde aufnimmt. Schwer wird das Tauziehen auch wegen der hohen Inflationsrate. Denn die Gewerkschaft gibt sich mit deren Abgeltung nicht zufrieden, sondern fordert auch ihren Teil vom Erfolgskuchen. Im vorigen Jahr betrug die KV-Erhöhung 2,1%.
BA-CA-Aufsichtsrat
Heute tritt der BA-CA-aufsichtsrat zusammen. Betriebsratschefin Hedwig Fuhrmann will die Mitglieder über die Beweggründe der Mitarbeiterproteste informieren. Schon vorige Woche wurden sie in einer Sonderaufsichtsratssitzung mit den Details vertraut gemacht. Sollte der Vorstand der BA-CA beim Wechsel vom Sparkassen- zum Banken-Kollektivvertrag bleiben, dann drohen ab Donnerstag Betriebsversammlungen. Dieses Ultimatum hat der Betriebrat dem Management gestellt.
Doch der Vorstand, allen voran dessen Vorsitzender Erich Hampel hat sich viel vorgenommen. Bis 2006 soll die BA-CA eine Rendite von 13% erwirtschaften, derzeit liegt das Unternehmen "erst" bei 9%. Dieses Ziel kann allerdings nur mittels Einsparungen erreicht werden. Und als Erste müssen wohl die Mitarbeiter daran glauben. Ihre einträglichen Betriebsvereinbarungen wurden durch den spektakulären Verbandswechsel von einem Tag auf den anderen außer Kraft gesetzt. Angesichts der extrem positiven Ertragslage der Bank (der Gewinn vor Steuern lag im Vorjahr bei 440 Mio. Euro) muss Fuhrmann diesen harten Einschnitt für die Belegschaft bekämpfen.
Für kurze Zeit hat sie gehofft, dass der ehemalige BA-CA-Vorstand und nunmehrige Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Randa Verständnis für die Proteste zeigt und den Vorstand gar zu einem Rückzieher veranlasst. Doch Randa stellte sich hinter Hampel. Der Verbandswechsel und damit der KV-Wechsel seien nicht zu verhandeln. "Das ist vollzogen. Man kann nur über die Auswirkungen reden. Hier wird man Spielräume ausloten. Der Wechsel selbst ist irreversibel."
Zuletzt kolportierte Zahlen, wonach das billigere Dienstrecht ab 2007 eine Personalkostenentlastung von 190 Mio. Euro bewirken sollte, kann Hampel nicht nachvollziehen: "Es ist auf jeden Fall signifikant weniger." Für Randa macht es keinen Sinn, Einspareffekte beziffern zu wollen, ohne die Verhandlungsergebnisse zu kennen.
Randa wollte sich weder zum Ultimatum noch zum Thema Streikdrohungen äußern. "Jetzt soll einmal verhandelt werden." Am Mittwoch will er, da er im Vorstand der BA-CA-Mutter HypoVereinsbank (HVB) sitzt, dem Aufsichtsrat in der HVB über die Entwicklung in der Dienstrechtsreform in Österreich berichten. Auch zur Betriebsratsforderung, wonach zuerst der 7-köpfige Vorstand auf einen Teil seiner exorbitanten Gage verzichten soll, wollte sich der Langzeit-Spitzenverdiener Randa nicht äußern.
Interessant ist die Angelegenheit, da auch die Wirtschaftskammer den Wechsel nicht goutiert. Ein Gutachten soll die Ungültigkeit des Vorgehens belegen.