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Auch Oberösterreich-Wahl Corona-infiziert

Von Karl Ettinger

Politik

Die Unsicherheit um die Pandemie, der Kampf um Arbeitsplätze und der FPÖ-Test für Haimbuchner und Kickl erhöhen die Spannung am 26. September.


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Die Klimaschutzministerin war der Stargast. Es ist kein Zufall, dass Leonore Gewessler beim offiziellen Wahlkampfauftakt der oberösterreichischen Grünen am Mittwochabend im Museum Arbeitswelt im Wehrgraben in Steyr als Schützenhilfe für den grünen Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl am 26. September angesagt war. Stefan Kaineder, der nach dem oberösterreichischen Grün-Urgestein und Ex-Sozialminister Rudi Anschober heuer erstmals Spitzenkandidat der Grünen im Land ist, tingelt seit Wochen, ja Monaten, mit einer einzigen Botschaft durch das Land ob der Enns: der Energiewende zum Bremsen des Klimawandels. Dabei streicht der schon im Vorjahr als Listenführer nominierte Kaineder immer auch die Bedeutung des Themas für neue Arbeitsplätze hervor.

Im Straßenbild hat der Wahlkampf seit Montag dieser Woche voll eingesetzt. Während die ÖVP schon in den Wochen davor eine Sommerplakatkampagne gestartet hat, sind seit wenigen Tagen auch die Plakate anderer Parteien zu sehen. Insgesamt treten bei der Oberösterreich-Wahl elf Listen, davon acht landesweit, an.

Gut ein Monat vor der Landtagswahl, die in Oberösterreich alle sechs Jahre traditionell am selben Sonntag wie die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen abgehalten wird, kommen die Landespolitiker der vier Landtagsparteien ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne allerdings um das beherrschende Thema bundesweit - die Bewältigung der Corona-Pandemie - nicht herum. Für die Partei von Landeshauptmann und ÖVP-Spitzenkandidat Thomas Stelzer, die nach dem Zehn-Prozentpunkte-Absturz 2015 laut Umfragen auf Zuwachs hoffen darf, stehen dabei zwei Bereiche im Vordergrund: die Folgen der Epidemie für Wirtschaft und Arbeitsplätze sowie der Trapezakt mit Corona-Impfungen ohne neue, größere Einschränkungen. Diese Bürde lastet in erster Linie auf Stelzer-Stellvertreterin Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander. Das ist allein schon deswegen bemerkenswert, weil sich die ÖVP nach der Landtagswahl 2015 Spott und Häme gefallen lassen musste, dass im ÖVP-Regierungsteam kein Platz für eine Frau war.

Improvisation beim Impfen

Der Landeshauptmann selbst zählt zum erweiterten Kreis der Unterstützer von Bundeskanzler und Bundesparteiobmann Sebastian Kurz. Erfahrungen in der Jungen ÖVP prägen eben. Das hindert Stelzer allerdings nicht, gelegentlich auch sanfte Kritik am Corona-Management der türkis-grünen Bundesregierung zu üben. Die ÖVP in Oberösterreich ist jedenfalls bemüht, möglichst nicht den Eindruck bei den 1,1 Millionen Wahlberechtigten aufkommen zu lassen, man sei auf Schubkraft aus Wien angewiesen, um besser als beim mageren letzten Mal abzuschneiden.

Allerdings ist die Corona-Politik der Landeshauptmannpartei auch nicht davor gefeit, kurzfristig improvisieren zu müssen, obwohl die ÖVP in ihrer Wahlkampagne hervorzustreichen versucht, sie habe als einzige Partei einen Zukunftsplan für das Bundesland. Die im SPÖ-geführten Wien längst etablierten PCR-Coronatests konnten erst schrittweise in den vergangenen Wochen hochgezogen werden. Wie in anderen Bundesländern auch ist die Gesundheitslandesrätin bemüht, durch niederschwellige Angebote bis hin zu Impfstationen in Einkaufszentren die Zahl der Corona-Impfungen zu steigern.

Neben den österreichweit auch für das Gesundheitsministerium bestehenden Unsicherheitsfaktoren, wie stark eine vierte Welle mit der Delta-Variante ausfallen wird, führt der Wahltermin am 26. September dazu, dass in der Schlussphase des Wahlkampfs auch deutlich werden wird, wie der Start ins neue Schuljahr 2021/22 mit Schutzmaßnahmen und Tests gelingen wird. In Oberösterreich beginnt die Schule wie in fünf weiteren Bundesländern am 13. September. Eventuell verunsicherte Eltern sind auch ein Risikofaktor für Stelzers ÖVP.

Dass die Augen besonders scharf auf Linz und das "Hoamatland" gerichtet sein werden, liegt aber vor allem daran, dass am 26. September die einzige amtierende schwarz-blaue Landesregierung auf dem Prüfstand steht. Vizelandeshauptmann Manfred Haimbuchner von der FPÖ macht kein Hehl daraus, dass er mit den Freiheitlichen die Koalition mit der ÖVP fortsetzen möchte. Die ÖVP hat allerdings nach dem Wahlabend aller Voraussicht nach als zweite Option die Möglichkeit zu einer schwarz-grünen Zusammenarbeit wie im Bund als Alternative. Oberösterreich war von 2003 bis 2015 mit dem Duo Josef Pühringer von der ÖVP und Rudi Anschober von den Grünen als freundschaftliches Paar an der Spitze sogar schwarz-grüner Vorreiter. Schwarz-Blau machte überregional vor allem mit einer harten Linie bei der Sozialhilfe von sich reden.

Blaues Fernduell

Haimbuchner hat mit der FPÖ 2015 ausgerechnet im Industrieland Oberösterreich mit Arbeiterhochburgen wie jener der Voest in Linz oder in Steyr die SPÖ klar von Platz zwei verdrängt, sodass sie nicht einmal fürchten muss, dieses Mal leicht von der SPÖ mit Spitzenkandidatin Birgit Gerstorfer als zweitstärkste Kraft verdrängt zu werden. Der blaue Vizelandeshauptmann steht allerdings noch aus einem zweiten Grund im Fokus. Er hat im Mai vor der Kür von Ex-Innenminister Herbert Kickl deutlich gemacht, dass er von dessen Kurs in Richtung Fundamentalopposition nichts hält. Allein deswegen wird auch FPÖ-intern genau verfolgt werden, wie sich Haimbuchner am 26. September schlägt. Kickl soll ihm im Wahlkampf möglichst nicht in die Quere kommen.

Das tut er aber dennoch. Schließlich steuert der FPÖ-Bundesparteiobmann auf einem Coronakurs mit Anstreifen an Coronaleugner. Haimbuchner ist hingegen heuer nach einer Corona-Infektion nur mit Glück dem Tod von der Schaufel gesprungen. Seither windet sich der FPÖ-Spitzenkandidat bei Fragen nach einer Impfpflicht für bestimmte Beschäftigte, während Kickl sogar schon sanften Druck auf Impfunwillige durch das Zahlen der Betroffenen für Coronatests ablehnt. Mit besonderem Interesse wird auch verfolgt, dass es auf diesem Gebiet bei der blauen Anhängerschaft Konkurrenz gibt. Denn mit der Liste MFG treten am 26. September Impfskeptiker an.

Zwischen ÖVP und SPÖ liegen die offensichtlichen Konfrontationspunkte bei der Wirtschaft und der Sicherung der Arbeitsplätze. In den vergangenen Wochen ist fast kein Tag vergangen, an dem Wirtschaftslandesrat Achleitner - teils mit Unterstützung Stelzers - nicht für Wirtschaftsprogramme und positive Folgen für den Erhalt der Arbeitsplätze die Werbetrommel gerührt hat. Bei vielen Aktivitäten handelt es sich allerdings vorerst um Ankündigungen.

MAN-Werk im Fokus

Ein Problem hat sich für die ÖVP im Vorfeld der Landtagswahl noch einigermaßen aufgelöst: die drohende Schließung des MAN-Werks in Steyr mit dem Verlust von mehr als 2000 Arbeitsplätzen. Das ist mit der Übernahme durch Siegfried Wolf abgewendet, auch wenn die Klärung von Details und eine Verringerung der Zahl der Arbeitsplätze weiter für Verunsicherung sorgen. Für die Landes-ÖVP war das Thema allein schon deswegen unangenehm, weil Kurz beim Kampf um den Erhalt des MAN-Werks ausgesprochen inaktiv gewesen ist und damit den Sozialdemokraten eine Angriffsfläche geboten hat. Für die SPÖ mit Spitzenkandidatin Soziallandesrätin Gerstorfer, die noch dazu zuvor AMS-Landesgeschäftsführerin war, war der lautstarke Protest gegen ein Schließen des Werks in Steyr und dessen Erhalt ein zentraler Punkt zur Mobilisierung vor der Wahl. Schließlich stehen Arbeitsplätze und die Sicherung des Sozialstaats im Mittelpunkt des Wahlkampfes.

Ähnlich wie bei der FPÖ hat Funkenflug auf bundespolitischer Ebene - konkret der offene Schlagabtausch zwischen Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner - die Genossen in Oberösterreich aufgeschreckt. Mittlerweile heißt es in Linz bei den Sozialdemokraten: "Das funktioniert jetzt, es sind jetzt alle auf Wahlkampf geeicht". Und neben Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker war auch schon Doskozil zu Gast in Oberösterreich, Rendi-Wagner ist im Wahlkampf noch mehrfach angesagt. Mit gut 18 Prozent bei der letzten Wahl und Platz drei liegt die Latte für die Landes-SPÖ allerdings niedrig.

Schwerer wird es für den Grünen Kaineder. Zwar spielen ihm die sommerlichen Wetterkatastrophen bei den Vorschlägen im Kampf gegen den Klimawandel in die Hände. Allerdings ist der einzige Sitz in der Landesregierung noch unter dem arrivierten Anschober mit gut zehn Prozent kein Ruhekissen für seinen Nachfolger. Dazu kommt, dass Oberösterreichs Grüne auch Auswirkungen gewärtigen müssen, wie sich die Grünen mit Vizekanzler Werner Kogler in der Bundesregierung mit Kurz schlagen. Jüngste Kampfzone: der Umgang mit Flüchtlingen aus Afghanistan.

Dazu kommt, dass es gerade bei jüngeren Wählern pinke Konkurrenz gibt. Mit Felix Eypeltauer ziehen die Neos heuer in die Wahl, 2015 ist der Sprung in den Landtag misslungen. Oberösterreich ist für Pinke ein hartes Pflaster.