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Auch Österreich von Krise betroffen

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

US-Finanzkrise: Bitterer Beigeschmack für österreichische Konsumenten. | Kreditkosten könnten noch steigen. | 3800 Anleger bangen um ihr Geld. | Wien. Die jüngste Pleite der Investmentbank Lehman Brothers in den USA, die weltweiten Finanzmarktturbulenzen und die Vertrauenskrise unter den Banken schlägt hohe Wellen. Diese kennen keine Ländergrenzen. Zwar sei die Finanzkrise eine amerikanische Krise, so ganz entziehen könne man sich dieser aber auch in Österreich nicht, lautet der Tenor unter heimischen Bankexperten. Mitunter ergäben sich daraus sogar positive Aspekte.


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Solideres Bankenmodell

Walter Pudschedel, Ökonom bei der Bank Austria, betont, dass der österreichische Bankenmarkt anders funktioniert als der amerikanische: "Wir haben andere Richtlinien für die Kreditvergabe und ein besseres Risikomanagement. Zudem sind die meisten heimischen Banken und Versicherungen auf die Märkte in Osteuropa ausgerichtet und von den US-Märkten abgekoppelt." Die Konsumenten müssten sich folglich keine Sorgen um ihre Sparguthaben machen.

Die Gefahr, dass Kredite noch teurer werden und Banken bei der Kreditvergabe restriktiver vorgehen, sei in Zukunft gegeben, derzeit aber noch nicht sichtbar. "Vieles hängt davon ab, wie sich die Situation in den USA weiterentwickelt und die Europäische Zentralbank reagiert", betont Pudschedel. Unter anderem sei auch entscheidend, ob die Lehman-Insolvenz reibungslos abgewickelt werden kann, ohne dass ein weiterer Schaden für andere Finanzinstitute entsteht.

Pudschedel sieht aber auch einen positiven Nebeneffekt für die heimischen Konsumenten: "Die Finanzkrise und Konjunktursorgen trüben die Nachfrage der amerikanischen Konsumenten nach Rohstoffen, was einen Rückgang der Ölpreise zur Folge hat." Und wenn sich Rohstoffpreise weiter nach unten entwickeln, könnte das laut dem Bankexperten die heimische Inflation senken.

"In Österreich sind wir von der US-Finanzkrise verhältnismäßig verschont", sagt auch Wolfgang Traindl, Leiter des Bereichs Private Banking und Asset Management bei der Erste Bank. Vor Handlungen aus Hysterie rät das Bankinstitut ab: Es gebe keinen Anlass in Österreich Geld abzuziehen, die österreichischen Banken würden sich sehr stabil zeigen.

Schwieriger gestaltet sich laut Traindl die Situation am Kapitalmarkt. "Wer als Anleger sein Geld an die Börse gibt, muss mit einer starken Volatilität der Aktienkurse rechnen und sich des Risikos bewusst sein." Eine breite Streuung sei notwendig - und Investments in Branchen, die durch die Finanzkrise nicht direkt geschüttelt sind, wie etwa der Bereich Pharma oder Technologie. Auch bei der Erste Bank gehen Experten davon aus, dass Kredite in absehbarer Zeit teurer werden. "Kommt es zu Liquiditätsengpässen am Bankenmarkt wird es für Banken teurer das Kreditgeschäft zu refinanzieren."

3800 Anleger betroffen

Noch keine konkrete Lösung gibt es für rund 3800 heimische Anleger, die um ihr Geld bangen: Sie haben Versicherungspolizzen bei Allianz, Generali und Wüstenrot abgeschlossen, bei denen das mittlerweile insolvente US-Institut Lehman Brothers als Garantiegeber fungiert. Zwar versichern die Assekuranzen, sie würden alles unternehmen, um die Interessen ihrer Kunden zu wahren. Garantien könnten sie jedoch derzeit keine abgeben.

Bei Allianz sind rund 1000 Kunden betroffen, die in Summe 20 Mio. Euro investiert haben. Das betreffende Veranlagungsprodukt "Top Invest V" sollte dem Anleger bei zwölfjähriger Laufzeit eine Auszahlung von 170,56 Prozent garantieren. "Jeder kann beruhigt sein, es wird den Kunden keinerlei Nachteil entstehen", sagt Allianz-Sprecherin Marita Roloff auf "WZ"-Anfrage. Man brauche aber noch Zeit, um konkrete Lösungen auszuarbeiten.

Auch bei Wüstenrot und Generali, wo 800 beziehungsweise 2000 Kunden betroffen sind, heißt es: Bitte warten. "Die Situation ist unübersichtlich, wir arbeiten aber hart an einer Lösung", erklärt Wüstenrot-Sprecher Herbert Moser.

Allianz und Generali haben laut Eigenaussage darüber hinaus keine Investments bei Lehman oder AIG. Bei Wüstenrot fungiert AIG als Rückversicherer im Rahmen der Zukunftsvorsorge. Über die fragliche Summe konnte Moser keine Aussage treffen. Für Kunden gebe es keine Auswirkungen.