Neue mehrsprachige Betreuung der Caritas. | Mobile Hospizteams betreuen Sterbende und ihre Angehörigen daheim.
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Wien. "Wir haben es mit Händen und Füßen hingekriegt. Ein großer Teil unserer Betreuungstätigkeit hat einfach gefehlt." Brigitte Bach erzählt von dem Schlüsselmoment, in dem die Idee für das Projekt geboren wurde, dessen Koordinatorin sie ist: das interkulturelle mobile Hospizteam der Caritas.
Als die diplomierte Krankenschwester Ende 2009 zwei arabische Patienten betreute, stieß sie auf die Grenzen der Verständigung. "Unsere Arbeit basiert im Wesentlichen auf Kommunikation. Wenn es die Sprache nicht gibt, wie soll man dann reden?" Auch für den Leiter der mobilen Hospiz der Caritas Wien, Erich Borovnyak, war klar: "In einer multikulturellen Gesellschaft ist es einfach notwendig, diese Multikulturalität auch im Angebot abzubilden und Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, Religionszugehörigkeit, Sprache oder ihrem sozialen Status betreuen zu können."
Seit knapp sechs Monaten betreut Brigitte Bach nun das neue interkulturelle mobile Hospiz-Team. Es besteht aus 18 Mitarbeitern, die aus dem ehemaligen Jugoslawien, Polen, Indien, Lateinamerika, der arabischen Welt, aber auch aus Deutschland und Österreich kommen. Ihre Aufgabe ist es, sterbenskranke Menschen zu Hause zu besuchen, um diese in ihrem Alltag zu unterstützen oder einfach nur "da zu sein". Und das alles ehrenamtlich.
"Wir versuchen immer absichtslos zu den Menschen hinzugehen", beschreibt Brigitte Bach die Zugangsweise. Man komme nicht mit einem fixen Organisationsplan, sondern reagiere täglich neu auf die Wünsche der Patienten, sei es Kartenspielen, intensive Gespräche, spazieren gehen oder einfach nur da zu sein.
Zusammengefunden hat die neue internationale Runde zunächst durch Mundpropaganda. Eine Hospiz-Mitarbeiterin aus Lateinamerika machte Werbung - daraufhin habe sich die Nachricht, dass die Caritas ehrenamtliche Mitarbeiter mit besonderen sprachlichen und kulturellen Fähigkeiten suche, wie ein Lauffeuer verbreitet, erzählt Teamleiterin Brigitte Bach. Zusätzlich veranstaltete die Caritas Informationsabende und warb gezielt in der Brunnenpassage am Yppenplatz um Mitarbeiter.
Man sei aber auch auf Widerstände gestoßen, erzählt Erich Borovnyak: "Wir haben auch versucht, mit Religionsgemeinschaften, Organisationen und Kulturvereinen Kontakt aufzunehmen und da sind wir nicht immer mit offenen Armen empfangen worden." Einer der vielen Vorbehalte gegenüber der Caritas war: "Die sind ja erzkatholisch. Machen die das dann auch korrekt?" Borovnyak berichtet: "Wir haben immer wieder stark betonen müssen, dass die Caritas überkonfessionell jeden Menschen betreut."
Neben den sprachlichen Unterschieden sind es vor allem die kulturellen Differenzen, die besonderen Fingerspitzengefühls bedürfen. Ein typisches Beispiel sei, dass manche Frauen aus religiösen Gründen nicht von einem Mann betreut werden wollen. Andere bräuchten an gewissen Tagen Ruhe für ihre Gebetsstunden und bei einigen Muslimen müsse man im Monat Ramadan die Einnahme von Medikamenten und Essen in die Nachtzeit verlegen.
Trotzdem könne man einen Menschen nicht über seine Kultur brechen. Alle Patienten seien Individuen, betont Brigitte Bach. "Wir müssen immer uns vortasten - was braucht diese Person? Manchmal schreibt eine Kultur zwar irgendetwas vor, der Mensch will aber etwas anderes."
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Es gibt keine spezielle Schulung für Interkulturalität
Aus diesem Grund bekommen die Neuzugänge des interkulturellen Hospizteams erst einmal keine spezielle Schulung, sondern die gleiche wie alle anderen ehrenamtlichen Helfer in der Caritas. Sie werden in Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleitung ausgebildet, absolvieren zudem acht Unterrichtseinheiten Fortbildung im Jahr, darüber hinaus ergänzen laufende Teamtreffen, Fachdiskussionen und Supervision ihre Ausbildung.
Wichtig ist für Brigitte Bach, dass die Mitarbeiter in ihrem Team nicht nur ihre "eigenen Leute" betreuen - sprich: dass "der Pole nicht nur zum Polen geht" - sondern auch, wenn es sprachlich möglich ist, "der Jugoslawe zum Österreicher geht oder umgekehrt".
Als einen Prozess der gegenseitigen Annäherung, der die ansässige und die zugewanderte Bevölkerung gleichermaßen fordert, hat es der Jahresbericht über Migration und Integration der Europäischen Kommission im Jahr 2007 Integration bezeichnet. Dem kann Brigitte Bach nur zustimmen. Sie fügt hinzu: "Integration bedeutet, sich positiv in die Gesellschaft einzubringen. Ehrenamtliche Hospizarbeit ist eine Möglichkeit dazu."
Die Beweggründe für jemanden, sich ehrenamtlich für den Hospizdienst zu melden, seien breit gefächert. Viele hätten in ihrer eigenen Familie das Sterben eines Angehörigen miterlebt und wollten ihre Erfahrungen weitergeben. Andere hätten noch nie mit dem Tod zu tun gehabt, würden sich aber gerne aus Interesse engagieren.
Das Mobile Caritas Hospiz der Erzdiözese Wien hat in Wien ins 93 Mitarbeiter, 63 davon arbeiten ehrenamtlich. Insgesamt ist das noch viel zu wenig. Immer wieder komme es vor, dass man Menschen wegen mangelnder Kapazität nicht betreuen könne, berichtet Erich Borovnyak. Um Wien gut zu versorgen, brauche es eine Verdoppelung des Angebots.
Im Gegensatz zum stationären Hospiz betreuen mobile Hospizteams Sterbende zu Hause und nicht im Pflegeheim oder Spital. Zu Ihren Aufgaben gehört auch, die verschiedenen Palliativ-Teams aus Ärzten, Sozialarbeitern und Physiotherapeuten zu unterstützen. So werden schwerkranke Patienten und deren Angehörige psychosozial betreut und durch die letzte Phase ihres Leben begleitet.
www.hospiz-wien.at, Tel.: 01/865 28 60