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Auf Alzheimers Spuren

Von Werner Grotte

Wissen

Das ehemalige Schlachthofareal in Wien-St. Marx gilt als größtes Hoffnungsgebiet städtischer Betriebsansiedlungs-Politik: Neben dem Film- und Veranstaltungs-Komplex "Marx Media" ist mit praktischer Starthilfe der Stadt auch ein "Musterlabor-Bau" entstanden. Das junge Bio-Tech-Forschungsteam "Affiris" feiert darin nun seinen ersten Geburtstag.


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"Bauherren sind meist der Ansicht, wir Forscher würden gern in Kellerlabors sitzen und bräuchten sowas wie Fenster nicht", erzählt die "Affiris"-Forscherin Sylvia Brunner aus der Praxis. Sie hat dieses Problem nicht, denn sie sieht von den Fenstern ihres Arbeitsplatzes über ganz Wien, wahlweise Richtung Innenstadt oder über die Tangente und die Gasometer hinweg Richtung Leithagebirge.

"Wir unterstützen schwerpunktmäßig junge Unternehmer oder Wissenschaftler bei der Betriebsansiedlung und Weiterentwicklung - in diesem Fall war es die Bio-Technologie", erklärt Claus Hofer, Geschäftsführer des ZIT (Zentrum für Innovation und Technologie GmbH), seine Aufgaben. Der verlängerte Arm der Stadt Wien hilft bei Planung, Finanzierung und Aufbau junger Firmen und zieht sich, wenn alles läuft, mit Gewinn zurück, um sich neuen Klienten zu widmen.

"Uns war bewusst, dass es in Wien ein enormes Potenzial an hervorragenden Bio- und Molekulartechnikern gibt, denen die Infrastrukutur fehlt", erzählt Hofer. Weil die darauf folgende Suche nach geeigneten Objekten wenig erfolgreich war, entschloss man sich, zur Verfügung stehende Teile des ehemaligen Schlachthofes St. Marx zu nutzen und dort ein neues Biotech-Zentrum zu errichten.

Förderschienen-Kombination

"Alles kam ebenso unerwartet wie herausfordernd für uns", erklärt Sylvia Brunner, im Vorjahr Siegerin des städtischen Förderwettbewerbes "Call FemPower" zur Unterstützung von Frauen in der Forschung. "Unsere speziellen Bedürfnisse wurden in die Planung des neuen Hauses voll mit einbezogen, was das Arbeiten hier fast zum Vergnügen macht", schmunzelt Brunner.

Typisches Beispiel sind der Einbau starker Luftabzugs-Stationen, in denen stinkende oder giftige Substanzen geruchlos zwischengelagert werden können. Oder die Anordnung verschiedener Waschbecken, etwa eines für Handschuhbenützer und ein anderes für "echte" Hände: "Wir arbeiten viel mit keimfreien Zonen, und da ist das unabdingbar", betont Brunner. Umbauten alter Häuser zu Labors würden so etwas nur unter größtem Aufwand und verbunden mit komplizierten Genehmigungsverfahren ermöglichen.

Freude und Funktionalität

Stattdessen haben die derzeit noch neun "Affiris"-Mitarbeiter, darunter fünf Wissenschaftler, seit einem Jahr einen gleichermaßen stimmungs- wie praxisfreundlichen Arbeitsplatz. Bis April soll das Unternehmen weiter auf zwölf anwachsen. Kernpunkte der Forschung hier sind Medikamente gegen Alzheimer-Krankheit und Arteriosklerose. "Wir arbeiten dazu mit Zellmaterial von Labortieren wie Mäusen oder Fruchtfliegen", erklärt Brunner.

Das ZIT hat sich mittlerweile weitgehend aus dem Betrieb ausgeklinkt, das Haus gehört nun einem deutschen Fonds. Ebenfalls aus Fonds stammt die Finanzierung der Forschungsarbeiten: "Das ist mit Risiko verbunden, daher selten von nur einem Investor getragen", weiß Hofer. Wenn schließlich Ergebnisse vorliegen, werden sie an Pharma-Riesen wie Baxter oder Boehringer-Ingelheim verkauft. Neben Affiris haben sich in der Viehmarktgasse 2A auf 4.500 Quadratmeter auch artverwandte Firmen wie Bender MedSystems oder Intercell AG eingemietet. Im Endausbau soll der "Campus Vienna Biocenter" insgesamt 67.000 Quadratmeter an Büros und Labors für 1.200 Wissenschaftler umfassen.

http://www.affiris.com .