Die Nationalratswahl 2013 könnte die letzte mit einer rot-schwarzen Mehrheit gewesen sein.
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Wien. Auf den ersten Blick blieb nach der Nationalratswahl alles beim Alten: SPÖ und ÖVP taten sich zu einer großen Koalition zusammen, wie wir sie seit Jahr und Tag kennen. Tatsächlich aber könnte der 29. September 2013 ein wichtiger Wegweiser auf dem Weg in eine neue Ära sein: einer Zeit ohne rot-schwarze Mehrheit. Unvorstellbar? Nein, denn nicht einmal Andreas Khol zweifelt daran, dass die nur noch mittelgroße Koalition - Migroko, wie er sie nennt - ihre Dominanz endgültig einbüßen könnte.
"Gehen wir auf eine neue Republik zu?", fragte der Chef des ÖVP-Seniorenbundes bei der Präsentation des "Österreichischen Jahrbuchs für Politik 2013" am Mittwoch im Parlament. Kommt das Ende der rot-schwarzen Koalition? "Zumindest die Gefahr ist da", sagt Khol. Tatsächlich liest sich das mittlerweile 36. Jahrbuch der Politischen Akademie der ÖVP wie ein Abgesang auf die "Sozialpartner-Regierung" (Khol).
Die Beiträge der Chefredakteure klingen nach Verriss der Koalition: "Noch weniger, als ohnehin schon vermutet", "weniger geht nicht", "notwendige Reformen oder Klarstellungen fehlen", "mangelnder Mut", "wenig ambitioniert". Kein gutes Zeugnis für das Regierungsprogramm.
Etwas positiver - aber weit entfernt von euphorisch - die Einschätzungen der rot-schwarzen Urgesteine Hannes Androsch und Heinrich Neisser. Für Neisser ist das Regierungsprogramm "gewiss kein großer Entwurf", solche habe es aber "in der Geschichte der österreichischen Koalitionsvereinbarungen nie" gegeben.
Budget als Nagelprobe
Für Androsch wird die Frage des Budgets zur "Nagelprobe" für die "KoalitionNeu": Es müsse gelingen, die überfällige Haushaltssanierung mit Maßnahmen zur Wachstumsförderung in Einklang zu bringen. Das Budget werde "den Ausschlag dafür geben, ob sich das Wetterleuchten der Nationalratswahlen bei den kommenden Wahlen, beginnend mit den Europawahlen im Mai 2014, zu einem Gewittersturm auswachsen wird oder nicht".
Die Wahl im Herbst brachte aber mehr als nur die Koalition zweier Verlierer. Sie bescherte Österreich eine deutliche Fragmentierung der Politiklandschaft und erstmals sechs Parteien im Nationalrat. Neben den Etablierten sitzen mit Neos und Team Stronach zwei politische Jungtriebe im Parlament - von denen zumindest die Neos mittelfristig überleben dürften. Leider wurde gerade den Pinken, die vom Personal wie von der Wählerschaft her etliche Überschneidungen mit der ÖVP aufweisen, keine eigene Analyse gewidmet. Das habe nichts damit zu tun, dass die ÖVP die Neos unterschätze, sagt Khol. Vielmehr sei einfach zu wenig Zeit gewesen. Auf den Einwand, dass es zum Team Stronach aber sehr wohl ein ganzes Kapitel gebe, meinte Khol augenzwinkernd: "Das Team Stronach ist ja auch ein abgeschlossenes Thema."
Neben der Nationalratswahl und ihren Auswirkungen befasst sich das Jahrbuch auch mit den Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg, wo es Machtwechsel gegeben hat. Auch die Bereiche Kirche und Bildung werden durchaus kritisch beleuchtet.