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Auf dem Weg nach unten

Von Michael Schmölzer

Politik

Donald Trumps Aktionsradius wird sukzessive eingeschränkt, die Serie an Rückschlägen nimmt kein Ende.


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Washington. Etwas mehr als sechs Monate im Amt und schon eine "lame duck"? Für Donald J. Trump, den 45. Präsident der USA, wird die Luft zunehmend dünner. Überall tun sich Hindernisse auf, stößt er gegen Mauern. Politische Widersacher aus den eigenen Reihen durchkreuzen seine Pläne, weisen den bei Kritikern als Großmaul Bekannten in die Schranken. Gleichzeitig greift der lange Arm des Gesetzes immer nachdrücklicher nach dem - derzeit noch - mächtigsten Mann der Welt.

Die Untersuchungen in Trumps Russland-Affäre werden schrittweise ausgeweitet, im Visier ist der Präsident jetzt persönlich. Sonderermittler Robert Mueller hat mehrere heiße Spuren, die er zielstrebig verfolgt. Und der massige, 1 Meter 88 große Mann mit dem seitlich zurückgegelten Haar muss ohnmächtig zusehen, wie die Causa an Fahrt aufnimmt und langsam aber sicher gefährlich wird.

Und das, wo es doch Trump war, der ursprünglich seine Widersacherin Hillary Clinton hinter Gitter bringen wollte.

Wo die Wände Ohren haben

Dazu kommt, dass der US-Senat eines von Trumps Lieblingsprojekten, die Aufhebung der Russland-Sanktionen, in das Gegenteil verkehrt hat. "Potus", die auf Twitter verwendete Abkürzung für "President of the United States", blieb die Demütigung nicht erspart, den Maßnahmen-Katalog gegen Moskau eigenhändig unterschreiben zu müssen. Die Abschaffung von Obamacare, Trumps wichtigste Priorität, ist am Widerstand nicht zuletzt der eigenen Leute gescheitert. Von einer Mauer zu Mexiko ist weit und breit keine Spur.

Dazu kommt, dass "top secret" im Weißen Haus jede Bedeutung verloren hat. Trump kann kaum noch ein Gespräch mit Amtskollegen, keine geheime Lagebesprechung mehr abhalten, ohne dass die Öffentlichkeit kurz darauf umfassend ins Bild gesetzt wird. Egal, ob es ein Telefonat mit dem mexikanischen Präsidenten ist oder die US-Afghanistan-Strategie, besprochen im "Situation Room" des Weißen Hauses.

Der Ex-Tycoon hat in seinem engsten Umfeld erbitterte Feinde, die auf Revanche sinnen. Dieses Umfeld ist in einen unschönen Machtkampf jeder gegen jeden verstrickt, Informationen werden nach Belieben an die verschiedenen Medien durchgestochen. Mittlerweile fragen sich ausländische Staatschefs, ob man es überhaupt noch riskieren kann, offen mit Trump über Probleme zu sprechen.

Das internationale Ansehen ist im Sinkflug, mit sehr gemischten Gefühlen blickt Trump dem nächsten Treffen mit Wladimir Putin entgegen. Genießt der machtbewusste Russe doch gerade wegen seiner autokratischen Durchsetzungskraft höchstes Ansehen bei Trump, der seinerseits nichts vorweisen kann; der sich vermutlich von Putin fragen lassen muss, warum er nicht einmal fähig ist, eine Verschärfung der US-Russland-Sanktionen zu verhindern.

Das Spiel der Kräfte hat sich verändert in den USA, Trump bringt das Kunststück zusammen, im Senat und im Repräsentantenhaus über eine Mehrheit zu verfügen und beide Kammern gegen sich zu haben. Nach dem Abgang von Stabschef Reince Priebus, der über gute Kontakte verfügte, wird sich das Verhältnis zwischen Weißem Haus und Kongress wohl weiter verschlechtern. Ohne Rückhalt in der US-Volksvertretung ist aber jeder Präsident machtlos.

Kein Vergleich zu Putin

Trump, der große Geschäftsmann und Macher mit einem Faible für pensionierte Generäle und Diktatoren, muss mit dem eigenen, galoppierenden Bedeutungsverlust klarkommen. Während Putin seine Minister zur Berichterstattung in den Kreml zitieren und maßregeln kann, geht die Durchgriffsmöglichkeit Trumps hier Richtung null. So hat der US-Senat verhindert, dass Trump den in Ungnade gefallenen Justizminister Jeff Sessions in der Sommerpause einfach feuert. Trump hat seinen Gefolgsmann zuletzt gemobbt, ihn als "angeschlagen", "schwach" und "extrem unfair" bezeichnet. Der Grund: Sessions lässt Untersuchungen in der immer brisanter werdenden Russland-Affäre zu und erklärte sich selbst für befangen. Gleichzeitig sitzt Sonderermittler Robert Mueller dem Präsidenten zäh wie ein Kampfhund im Nacken.

Der ehemalige FBI-Direktor hat Fährte aufgenommen und seine Ermittlungen unmittelbar auf die Person Donald Trump ausgeweitet. Er untersucht die mutmaßlichen russischen Hackerangriffe zugunsten Trumps im Wahlkampf sowie Verwicklungen von Trump-Mitarbeitern in die russischen Interventionen. Und er scheint einiges in der Hand zu haben, sonst wäre von der US-Justiz nicht die Einsetzung einer "Grand Jury" genehmigt worden - ein geheim tagendes Geschworenengericht, das Muellers Möglichkeiten zur Beweiserhebung erheblich ausweitet.

Mueller als Gefahr für Trump

Mueller ist für Trump zu einer Gefahr geworden, er hat Einblick in alle Dokumente. Die "Grand Jury" kann Vorladungen aussprechen und Zeugen zur Aussage zwingen. Mueller nimmt sich zielstrebig Trumps mögliche finanzielle Interessen in Russland vor. Alle Versuche des US-Präsidenten, den unangenehmen Ex-FBI-Direktor loszuwerden, sind gescheitert. Das ist unangenehm, zumal langsam klar wird, dass sich Mueller auch von den präsidentiellen Einschüchterungsversuchen nicht beeindrucken lässt.

Damit es dem Ermittler nicht so ergeht wie Ex-FBI-Chef James Comey, der von Trump wegen mangelnder Loyalität gefeuert worden war, fährt der US-Kongress Trump in Parade und will Mueller per Gesetz vor einer Absetzung schützen. Einmal mehr sind Trump dann die Hände gebunden.