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Kritik der Vereine an der kurzen Ausbildung der Betreuer.
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Wien. In drei Wochen zur Tagesmutter oder Kindergruppenbetreuerin - wie soll das gehen? Das fragen sich viele, auch jene, die tagtäglich mit Kindergruppen zu tun haben, wie Mirli Beitel vom Verein der Wiener Kindergruppen. "Eine dreiwöchige Ausbildung kann nicht funktionieren", sagt sie zur "Wiener Zeitung". Aber es komme natürlich auf den Menschen an, der diese Ausbildung macht.
336 Tageseltern und 396 Kindergruppen sind derzeit in Wien bewilligt. Sie erhalten genau wie die öffentlichen und privaten Kindergärten eine Förderung der Stadt in der Höhe von rund 500 Euro pro Kind pro Monat. Das Wiener Tagesbetreuungsgesetz schreibt seit dem Jahr 2002 vor, dass nur ausgebildetes Personal in den Kindergruppen oder als Tagesmutter arbeiten darf. Für eine Kindergruppenleiterin, die in Wien bis zu 14 Kinder betreuen darf, ist eine Ausbildung in der Höhe von 90 Unterrichtseinheiten laut Gesetz vorgesehen. Für die Ausbildung zur Tagesmutter, die je nach Wohnungsgröße um die fünf Kinder hüten darf, braucht es gar nur 60 Unterrichtsstunden.
Das Magistrat für Jugendwohlfahrt betreut die Kindergruppen und Tageseltern. Regelmäßig einmal im Jahr werden die Gruppen besucht und kontrolliert. Beschwerden kommen vor, denen wird nachgegangen. Ein möglicher Grund einer Beschwerde: unfreundliches Personal. Natürlich gebe es immer wieder Beschwerden, sagt Karin Tröbinger-Broukal, Leiterin des zuständigen Referats, zur "Wiener Zeitung". "Aber großteils funktioniert alles sehr gut." Man müsse einer neuen Kindergruppe auch ein bisschen Zeit geben, bis sich alles eingespielt hat. Diese Formen der Kinderbetreuung bieten laut Tröbinger-Broukal "großfamilienähnliche Strukturen", die in einer städtischen Einrichtung so nicht möglich sind.
System des Vertrauens
"Eine längere Ausbildung für Kindergruppenbetreuer und Tageseltern wäre sinnvoll", so Claudia Eisenkölbl von der Kinderbetreuung des Wiener Hilfswerkes. Zumindest müsste man differenzieren: Tagesmütter, die einmal Kindergärtnerinnen waren, die bräuchten natürlich keine zusätzliche Ausbildung mehr. Das System ist laut Eisenkölbl grundsätzlich auf Vertrauen aufgebaut: "Man muss den Leuten vertrauen, sich auf sein Bauchgefühl verlassen. Durch die Wände schauen kann niemand."
"Es gibt Kindergruppen, die schlecht geführt werden", so Beitel vom Verein der Kindergruppen. Allerdings gelte das auch für Kindergärten. Sie plädiert für mehr Sensibilität und Interesse der Eltern dafür, was in den Gruppen passiert. "Die Eltern müssten viel mehr Druck machen."
Die Ausbildung zur Tagesmutter oder Kindergruppenbetreuerin kann jeder machen. Der Lehrstoff beinhaltet Entwicklungspsychologie und Pädagogik, Kommunikation und Konfliktlösung, Eltern- und Teamarbeit und einen Erste-Hilfe-Kurs.