Die Osterzeit ist die ereignisreichste Zeit im Kirchenjahr. Spektakuläre Passionsspiele und viele Bräuche gibt es schon seit Jahrhunderten. Das "Wiener Journal" hat sich auf die Suche gemacht.
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Bunte Ostereier, der Osterhase und das Osterlamm sind jedem Kind bekannt. Rätselhaft aber ist, woher das Wort Ostern selbst kommt: Denn in fast allen Sprachen wird das Wort Ostern vom jüdischen Pessach abgeleitet - im Englischen und im Deutschen nicht. Die Wiener Theologin Monika Stadlbauer hält diese Theorie für plausibel: "In der Ur-Kirche war Ostern der Tauftermin schlechthin! Bei der Taufzeremonie in der Osternacht bekamen die Neugetauften ein weißes Kleid, das sie eine Woche lang bis zum Weißen Sonntag´ - Dominica in albis - trugen. Es könnte sein, dass dies mit alba´, der lateinischen Bezeichnung für das Morgenlicht, verwechselt wurde und so die angelsächsische Göttin des Morgenrots Eostre, oder auch die germanische Frühlingsgöttin Ostara dem Fest ihren Namen gaben."
Die Wurzeln im Pessach
Tod und Auferstehung von Jesus fielen in das jüdische Oster-Fest. "Das Osterlamm steht im Zentrum des christlichen Heilsmysteriums. Jesus hielt am Abend seiner Verhaftung mit seinen Jüngern ein Mahl, wie es zur Eröffnung des jüdischen Pessach üblich war. Nach Johannes fällt die Schlachtung der Lämmer im Tempel zeitlich mit der Kreuzigung Jesu zusammen", erklärt Stadlbauer. Laut der Theologin stammen viele Bräuche, die nicht liturgisch oder biblisch begründet sind, aus dem Mittelalter: "Das Ei diente im Mittelalter als Zahlungsmittel und Maß. Neben dem Martinitag wurden am Gründonnerstag die Schulden beglichen - oft mit Eiern."
Der moderne Osterstrauß
Claudia Peschel-Wachta, Volkskundlerin am Wiener Volkskunde-Museum, weiß, dass bereits im ersten Jahrtausend bemalte Eier in Mähren als Beigabe ins Grab gelegt wurden. "Im 12. Jahrhundert führt die katholische Kirche die Eier-Weihe ein und damit entsteht das Osterei. Seit dem 13. Jahrhundert werden Eier für das Verschenken verziert. Der früheste Nachweis, dass Eier für die Ostereier-Suche versteckt wurden, stammt aus dem 17. Jahrhundert." Bemerkenswert: Heute wird im Haus oder in der Wohnung ein Palmkätzchen-Strauß aufgestellt, an dem bemalte Ostereier baumeln. Diese Tradition gibt es aber erst seit dem Zweiten Weltkrieg! Das Volkskunde-Museum besitzt verzierte Ostereier aus dem 19. Jahrhundert. In Mähren gibt es eine ausgeprägte Kultur der bunten Eier.
Der Osterhase bringt die Eier
Genauso wie das Ei hat der Hase keinen biblischen Bezug: "Hier könnte es wieder um die Begleichung der Schuld gehen: Frei wie ein Hase sein", vermutet die Theologin. Andererseits wird der Hase oft ohne Augenlider dargestellt, "was als Symbol für besondere Wachsamkeit gedeutet werden kann, eine Eigenschaft, die den Christen in besonderer Weise auszeichnen soll." Die Volkskundlerin hat hingegen eine andere Erklärung: "Der Hase ist vermutlich eine Erfindung der Protestanten und richtete sich gegen das Ei als religiöses Symbol. Durch die Bilderbücher, die Postkartenindustrie und die Schokoladenindustrie setzte sich der Hase seit dem 19. Jahrhundert als Ostereierbringer für Kinder im städtischen Raum durch."
Osterzeit ist Fastenzeit
Heute gelten nur mehr Aschermittwoch und Karfreitag als strenge Fasttage - das Fasten hat seinen Ursprung in der Bibel: "40 Tage fastete Mose auf dem Gottesberg und 40 Tage fastete Jesus in der Wüste. Die 40-tägige Fastenzeit ist also kein Zufall. Die Zahl 40 bezeichnet in der Bibel eine Zeitspanne, der eine besondere Bedeutung zukommt, in der eine Begegnung mit Gott das Leben verändern kann", so Monika Stadlbauer. In den Kirchen wurden in dieser Zeit die Fastentücher in den Choren aufgehängt. "Fastentücher gibt es seit etwa 1000 Jahren. Seit dem 12. Jahrhundert sind sie besonders stark verbreitet. Unter Joseph II kommt ihre Verwendung zum Erliegen, denn der Kaiser war gegen die theatralische Übersteigerung von Kirchenfesten", erklärt Peschel-Wacha. Ein außergewöhnlich gut erhaltenes Exemplar aus 1640 besitzt das Volkskunde-Museum (siehe Foto). Die 36 Felder stellen eine Bilder-Bibel dar und wurden mit Temperafarben bemalt. Besucher, die das Tuch sehen wollen, müssen nur bei der Kassa danach fragen!
Am Ende der Fastenzeit wird das gesegnete Essen verzehrt. In den Osterkörben liegen neben Brot, Schinken, Salz auch Eier. Da man Eier in der Fastenzeit nicht essen durfte, gibt es zahlreiche Oster-Speisen aus Eiern. In Kärnten gibt es den Reindling, der in Formen aus schwarzem Ton gebacken wird (siehe Foto). Die Innviertler kennen den Oakas, der aus 20 gestockten Eiern besteht! Die Italiener essen die Torta di Pasquetta, die mit gekochten Eiern und Spinat gefüllt wird.
Prozessionen nach Hernals
Ostern hatte einen hohen Stellenwert im Leben der Menschen. "So auch die Umzüge und Prozessionen. Bis zum Verbot von Joseph II gab es viele Umzüge mit einer Christusfigur auf dem Palmesel. Diese war aus Holz und mit Rädern versehen. In Puch bei Hallein und Thaur bei Innsbruck gehört der Palmesel noch heute zur Palmsonntags-Prozession", berichtet Volkskundlerin Peschel-Wachta. In Spanien gibt es die semana santa´, die heilige Woche: Dabei ziehen Prozessionszüge mit geschmückten Heiligenfiguren durch die Städte. "Viele Büßer tragen dabei lange Kutten mit Kapuzen, damit sie unerkannt bleiben. Auch Geißelungen können dabei beobachtet werden. Büßer-Prozessionen gab es bei uns bis vor 200 Jahren auch! In Wien zog man auf den Hernalser Kalvarienberg."
Osterfeuer und Osterkerze
Auch das Osterfeuer als fester Bestandteil der Osterliturgie hinterließ stets einen großen Eindruck. Monika Stadlbauer: "Die Osterkerze wird am Osterfeuer entzündet. Danach wird sie in feierlicher Prozession in die Kirche getragen. Dreimal erklingt der Ruf: Lumen Christi!´ - die Gemeinde antwortet mit Deo gratias´." Die Osterkerze brennt von der Osternacht bis Pfingsten, der Ankunft des Heiligen Geistes. "Die Verzierung der Osterkerze ist ein eigener liturgischer Akt, der seine Ausfaltung im Mittelalter erfuhr. Die Osterkerze trägt den ersten und letzten Buchstaben des griechischen Alphabets. Alpha steht für den Anfang, die Schöpfung durch Gott vor aller Zeit, Omega für die Wiederkehr Christi und die Vollendung der Schöpfung am Ende der Zeit."
Ostern ist ein bewegliches Fest
Als Ostersonntag wird der Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert. Die orthodoxe und die altorientalische Kirche berechnen ihren Termin jedoch nach dem julianischen Kalender. Dieses Jahr werden in Österreich 400.000 Gläubige dieser beiden Kirchen eine Woche nach den Katholiken feiern. Besondere Feierlichkeiten wird es in der Dreifaltigkeitskathedrale am Fleischmarkt und in der St. Nikolaus-Kathedrale geben. Ostern wird bei den Orthodoxen vor allem als Familienfest zelebriert, da darf das Lamm als Speise an keinem Festtagstisch fehlen!