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Auf der Suche nach dem Aufschwung

Von Walter Hämmerle

Politik

Ganz Europa sucht nach Wegen aus dem hartnäckigen Konjunkturtief, das die Weltwirtschaft nun schon seit drei Jahren fest im Griff hält. Deutschland sucht sein Heil in einer massiven Steuersenkung auf Pump. Der Ausgang dieses konjunkturpolitischen Experiments steht allerdings in den Sternen. Trotzdem fordert nun auch für Österreich Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider ein Vorziehen der großen Steuerreform auf 2004. Die ÖVP winkt jedoch ab.


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Finanzstaatssekretär Alfred Finz lässt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" keinen Zweifel daran, was er von dem Vorstoß Haiders hält: Nämlich "nichts".

Eine Steuerreform bedürfe einer anständigen Vorbereitung und lasse sich nicht einfach aus dem Ärmel schütteln, hält er dem Drängen Haiders auf rasches Handeln entgegen. Hinzu komme noch, dass eine "Steuerreform auf Pump", wie sie nun von der rot-grünen Regierung in Deutschland beschlossen wurde, auch dort von politischer wie auch Expertenseite höchst umstritten sei. Niemand könne mit Sicherheit sagen, dass durch einen solchen Schritt tatsächlich die Konjunktur anspringt.

Im Radio-"Morgenjournal" hatte Haider am Donnerstag eine Sitzung der FPÖ noch im Sommer gefordert, um die Partei auf eine Vorverlegung der für 2005 geplanten Steuerreform auf 2004 - auch um den Preis einer höheren Neuverschuldung - einzuschwören. Noch dazu, wo man selbst nicht gefährdet sei, den Euro-Stabilitätspakt, der das zulässige Budgetdefizit mit 3 Prozent begrenzt, zu verletzen.

Dabei ist die Notwendigkeit einer Steuerentlastung auch für den Finanzstaatssekretär "unbestritten". Nicht zuletzt im Hinblick auf die EU-Erweiterung sei der Wirtschaftsstandort Österreich darauf angewiesen. Der Zeitplan für die Reform wurde allerdings mit dem Koalitionspartner vereinbart und per Unterschrift besiegelt, betont Finz. Zudem sei der Beschluss des Doppelbudgets 2003/04, wo dieser Fahrplan noch einmal festgeschrieben wurde, gerade erst ein paar Tage alt. Er sieht eine koalitionsinterne Diskussion über die Details der Steuerreform bis zum nächsten Frühjahr vor. Für Finz ein guter Fahrplan.

"Reden kann man über alles"

Daher werde es zwar keine Gesprächsverweigerung seitens der ÖVP geben, schließlich könne man "über alles reden". Allerdings sei Vizekanzler und Parteichef Herbert Haupt für die Volkspartei der "maßgebliche Partner", und außerdem würden solche steuerlichen Maßnahmen, wie sie jetzt in Deutschland ergriffen würden, nicht greifen, "wenn die Psychologie nicht stimmt". Es sei jedoch klar gewesen, "dass einige Politiker auch hier in Österreich nun sofort auf diesen Zug aufspringen würden".

Rot-Grün auf Seiten Haiders

Wenn schon nicht jene des Koalitionspartners, so erhielt Haider wenigstens die Unterstützung der oppositionellen SPÖ. Deren Chef Alfred Gusenbauer verwies darauf, dass Grasser auch die Steuerreform 2005 auf Pump mache, also warum nicht schon 2004. Und Bundesgeschäftsführer Darabos hoffte, dass diesmal mehr als "reine Selbstprofilierung" hinter der Forderung Haiders steckt: Wenn es der FPÖ ernst sei, könne sie gerne gemeinsam mit der SPÖ die Steuerentlastung durchziehen. Auch die Grünen zeigten sich über den Vorschlag Haiders erfreut.

Leitl: Wirtschaft stärken

Für Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl stellt sich die Frage nach einem Vorziehen der Steuerreform nicht. Sollte es im Herbst im Rahmen des geplanten Konjunkturpakets zu steuerlichen Erleichterungen für die Unternehmen kommen, würden diese ohnedies erst später schlagend. Leitl drängt lieber auf ein ausgiebiges Konjunkturpaket III für die Wirtschaft. Dieses wäre eine "Ermutigung, die Chancen, die sich durch die EU-Erweiterung ergeben, auch zu nützen". Ganz besonders am Herzen liegen Leitl die grenznahen Betriebe und Regionen, die die Erweiterung nächstes Jahr unmittelbar verspüren werden.

Wirtschaftsforscher skeptisch

Die Haltung der österreichischen Wirtschaftsforscher zum Thema "Große Steuerreform" ist eindeutig: Sowohl Wifo als auch IHS sind der Meinung, dass ein Vorziehen auf 2004 die lahmende Konjunktur kurzfristig nicht ankurbeln wird. Die Bevölkerung werde das zusätzliche Einkommen eher sparen als ausgeben, heißt es. Damit würde der gewünschte Entlastungseffekt verpuffen.