Deutschland und Österreich schließen neuerlichen Schuldenerlass aus.
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Brüssel. Wolfgang Schäuble muss es oft wiederholen. Vor so gut wie jeder Zusammenkunft mit seinen europäischen Amtskollegen macht der deutsche Finanzminister klar, dass er die Sitzung nicht vor ihrem Ende in der Öffentlichkeit kommentieren wolle. Doch als die Minister der Eurozone gestern, Dienstag, wegen Griechenland einmal mehr zu einem abendlichen Sondertreffen nach Brüssel angereist waren, zeichnete sich schon im Vorfeld ab, dass es auch diesmal keine endgültige Entscheidung geben kann. Doch eine grundsätzliche Einigung musste her: Athen braucht dringend einen Beschluss über die Freigabe eines Kredits im Volumen von rund 31 Milliarden Euro.
Schäuble aber muss sich mit einer Zusage zurückhalten. Denn über weitere Finanzhilfen für Griechenland hat in Deutschland der Bundestag abzustimmen. Die Abgeordneten wollen in der kommenden Woche votieren. Für den heutigen Mittwoch haben die Bundestagsfraktionen von Union, FDP, SPD und Grünen Sondersitzungen angesetzt. Die deutsche Regierungskoalition zeigt sich zuversichtlich, dass Schäuble ein Mandat erhält, die Auszahlung weiterer Hilfstranchen an Athen zu genehmigen. Sie kann nämlich auf die Unterstützung der oppositionellen Sozialdemokraten und Grünen hoffen.
Doch auch damit wäre das Ringen um die Maßnahmen für das hochverschuldete Land nicht beendet. Denn die internationalen Kreditgeber sind sich in ihrem Vorgehen uneins. So sieht es der Internationale Währungsfonds (IWF) nicht gern, dass Athen zwei Jahre mehr Zeit - bis 2022 - zum Abbau seiner Schulden bis zur Marke von 120 Prozent bekommen soll. Umgekehrt kann er sich einen neuen Schuldenerlass durch öffentliche Gläubiger vorstellen, was wiederum manche EU-Staaten ablehnen. Schäuble hat sich bereits dagegen ausgesprochen, und auch seine österreichische Amtskollegin Maria Fekter betonte: Die Hilfe, "die wir Griechenland gewähren, muss anderweitig gefunden werden". Jedenfalls solle kein zusätzliches Geld nach Athen fließen.
Da aber das Hilfsprogramm in Höhe von 130 Milliarden Euro ins Stocken geraten ist, öffnet sich die nächste Finanzlücke. Die kann nur bis 2014 mit bis zu 15 Milliarden Euro gefüllt werden, schätzt die Troika aus Vertretern der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des IWF. Die Kontrolleure geben den zusätzlichen Finanzbedarf bis zum Jahr 2016 mit 32,6 Milliarden Euro an.
Von Zinserleichterungen bis Fristenverlängerung
Die Vorstellungen, wie dem nun beizukommen ist, waren unter den Finanzministern der Eurogruppe unterschiedlich. Zinserleichterungen wären ebenso möglich wie die Verlängerung von Kreditlaufzeiten. Laut der Nachrichtenagentur Reuters lanciert Berlin auch die Idee, dass Griechenland die Hälfte seiner ausstehenden Staatsanleihen von Privatinvestoren zurückkaufen und so seine Schulden senken soll. Die Inhaber der Papiere - die einen Nominalwert von mehr als 60 Milliarden Euro haben - würden ein Viertel des Wertes erhalten.
Den größten Teil der Staatsschulden aber, an die 200 Milliarden Euro, halten öffentliche Gläubiger, zu denen Euro-Länder, IWF und der Rettungsfonds EFSF gehören. Würden beispielsweise die Staaten die Zinsen ihrer Kredite um hundert Basispunkte verringern, würde das Griechenland um 174 Millionen Euro jährlich entlasten. Würden wiederum die Bankenhilfen herausgerechnet, würde das die Staatsschuldenquote um 16 Prozentpunkte senken. Dafür müsste der Euro-Rettungsschirm die noch ausstehenden 33 Milliarden Euro direkt an die Geldinstitute überweisen.