Die EU ringt um mehr Eigenmittel zur Finanzierung des gemeinsamen Haushalts.
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Brüssel. Die Einnahmen aus Zöllen werden immer geringer, eine gemeinsame Börsensteuer ist nicht in Sicht, und eine einheitliche Besteuerung von Unternehmen gestaltet sich ebenso schwierig: So drängender die Suche nach neuen Mitteln zur Finanzierung der EU scheint, so langwieriger ist die Debatte darüber. Denn bisher sind die Versuche gescheitert, zusätzliche Geldquellen für den europäischen Haushalt zu schaffen. Dabei sähen EU-Kommission und -Parlament es gerne, wenn die Union über mehr Eigenmittel verfügen würde. Die Abführung eines Teils der Mehrwertsteuer macht nämlich nur einen Bruchteil des Budgets aus, und einst traditionelle Einnahmen wie Zölle sind in den vergangenen Jahren durch die Liberalisierung des internationalen Handels massiv gesunken. So speist sich der EU-Haushalt mittlerweile zu mehr als 80 Prozent aus nationalen Beiträgen der Mitgliedstaaten.
Diese aber finden zumeist, dass sie genug für die EU zahlen. Die Diskussion darüber entbrennt regelmäßig bei den Verhandlungen um die mehrjährige Finanzplanung sowie den jährlichen Budgetentwurf. Die Nettozahler, die mehr in die gemeinsame Kasse fließen lassen als sie daraus bekommen, wehren sich gegen Erhöhungen ihrer Beiträge. Und die Nettoempfänger verweisen auf die Notwendigkeit, Ungleichheiten in der EU mit finanzieller Unterstützung zu verringern.
Eine Möglichkeit, den Zwist zu entschärfen, wäre nun die Erhöhung des Anteils an Eigenmitteln. Ideen dazu gab es schon einige - wie eine Steuer auf Finanztransaktionen -, und derzeit befasst sich eine hochrangige Expertengruppe mit ihnen. Unter der Leitung des ehemaligen EU-Kommissars und italienischen Ex-Premiers Mario Monti wollen Vertreter des EU-Parlaments, der Kommission sowie der Länder eventuelle Finanzierungsalternativen für die Gemeinschaft prüfen. Ihre abschließenden Empfehlungen sollen sie im kommenden Jahr präsentieren.
Doch fließt die Debatte nun ebenfalls in die Bemühungen um eine Stabilisierung der Wirtschafts- und Währungsunion ein. Vor gut einem Monat legten die Vorsitzenden von EU-Kommission, EU-Rat, Eurogruppe, Europäischer Zentralbank (EZB) sowie EU-Parlament, Jean-Claude Juncker, Donald Tusk, Jeroen Dijsselbloem, Mario Draghi sowie Martin Schulz in einem Bericht dar, wie sie den Euroraum gestärkt sehen möchten. In dem Papier ist zwar nicht explizit von einer EU-Steuer die Rede, jedoch von einer einheitlichen Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer. Auch das tauchte schon im Ringen um Eigenmittel für den Unionshaushalt auf. Ebenso findet sich in dem Dokument ein Plädoyer für die Einrichtung eines eigenen Budgets für die Eurozone, wenn auch nicht unter dieser Bezeichnung. Als langfristiges Ziel nennen die EU-Spitzenvertreter außerdem die Schaffung eines gemeinsamen Finanzamtes für die Währungsgemeinschaft.
Umsetzung weit entfernt
Diesen Vorschlägen verschließe sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht, befand "Der Spiegel". Das Magazin berichtete von Abwägungen in Schäubles Ressort, einen Finanzminister für den Euroraum zu ermöglichen, der über eigene Einnahmenquellen verfüge. Denkbar wäre dabei die Umleitung eines Teils der Mehrwertsteuer oder der Einkommenssteuer aus den Mitgliedstaaten. Umgekehrt stößt der französische Vorstoß, so ein Budget vor allem durch gemeinsam verbürgte Schuldenaufnahme zu finanzieren, in Berlin auf wenig Sympathie.
Von ihrer Umsetzung sind die Überlegungen jedenfalls noch weit entfernt, nicht zuletzt weil die Bereitschaft der Länder, etwas von ihrer Steuerhoheit abzugeben, gering ist. Wie realistisch der Zeitplan der EU ist, wird sich daher weisen. Im "Bericht der fünf Präsidenten" zur Stärkung der Währungsunion werden zehn Jahre vorgeschlagen.