Österreich könnte Teil der Bankenabgabe in den europäischen Notfalltopf für marode Geldhäuser umleiten.
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Athen. Der Wille allein reicht eben nicht aus. Denn kaum haben sich elf EU-Staaten darauf verständigt, bei der Einführung einer Steuer auf Geldgeschäfte voranzuschreiten, schon fingen die Debatten über die Details an. So ist eine Abgabe auf Finanztransaktionen noch immer nicht in Sicht - auch wenn Österreich die Einnahmen daraus am liebsten schon heuer ins Budget eingerechnet hätte. Die Hoffnung darauf will Finanzminister Michael Spindelegger aber zumindest für die Haushaltsplanung ab 2016 nicht aufgeben.
Österreich gehört wie Deutschland, Frankreich und das derzeitige EU-Vorsitzland Griechenland zu den Willigen, die sich die Börsensteuer wünschen. Mit den Ressortleitern dieser Länder hat sich Spindelegger dann auch bei einem Treffen der EU-Finanzminister in Athen zusammengesetzt, um Bewegung in die Verhandlungen zu bringen. Noch vor den EU-Wahlen Ende Mai hätten die Politiker nämlich gern eine generelle Einigung auf den Text.
Immerhin zeichnet sich mittlerweile ab, dass die Abgabe nur stufenweise eingeführt wird. So sollen zunächst einmal Aktien und danach Derivate davon betroffen sein. In welchem Umfang die Umsätze mit diesen herangezogen werden, ist allerdings noch nicht geklärt. Offen ist ebenfalls die Frage, ob die Steuer nur Transaktionen trifft, deren Käufer oder Verkäufer ihren Sitz in einem der elf Staaten haben.
Umstritten ist auch, was den geplanten Regelungen nicht unterliegen soll. So wünschen sich einige Länder Ausnahmen, etwa für Staats- und Unternehmensanleihen sowie Repo-Geschäfte, mit denen die Banken sich kurzfristig Geld am Markt besorgen. Erschwert werden die Gespräche außerdem dadurch, dass Frankreich und Italien bereits eigene Börsensteuern geschaffen haben.
Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, Geschäfte mit Aktien und Anleihen mit 0,1 Prozent und solche mit spekulativen Finanzprodukten - wie Derivate - mit 0,01 Prozent zu belasten. Nach ihren Schätzungen würde dieses Modell den elf Ländern Einnahmen in der Höhe von etwa 34 Milliarden Euro bringen.
Sollte es das Geld tatsächlich einmal geben, könnte es die Regierung in Wien dazu verwenden, einen Teil des Budgetlochs zu füllen, das möglicherweise durch die Vorgaben zur Schaffung eines europäischen Abwicklungsfonds entsteht. Denn ab 2016 soll es einen gemeinsamen Topf geben, in dem Mittel für die Restrukturierung maroder Banken zur Verfügung stehen. Gespeist wird er von den Kreditinstituten selbst, mit einer Summe von 55 Milliarden Euro innerhalb von acht Jahren.
In Österreich könnte dafür die Bankenabgabe herangezogen werden, die pro Jahr an die 640 Millionen beträgt. Bloß: Die fließt bisher ins Budget. Geht es nach Bundeskanzler Werner Faymann, soll das auch so bleiben. Für die Banken könnte es aber bedeuten, dass sie zusätzlich in den europäischen Abwicklungsfonds einzahlen müssten - was die Unternehmen ablehnen.
An Erleichterungen für die Geldhäuser denkt zwar auch der Finanzminister nicht. Doch kann er sich umgekehrt kaum vorstellen, dass die Institute zusätzliche Mittel aufbringen müssten. Stattdessen schließt er nicht aus, dass ein Teil der Bankenabgabe in den Abwicklungsfonds umgeleitet wird. Noch sei nicht klar, wie viel die einzelnen Unternehmen in den Topf einzahlen müssen, erklärte Spindelegger. "Wenn wir die Zahlen auf dem Tisch haben, werden wir die Entscheidungen treffen, inwieweit 2016 die Beitragsleistung für den Abwicklungsfonds und die Einlagensicherung angerechnet wird."
Doch müssen Mittel schon für 2015 bereitgestellt werden. Laut derzeitigen Schätzungen hätten die österreichischen Häuser an die 150 bis 250 Millionen Euro pro Jahr aufzubringen.
Das Finanzressort argumentiert damit, dass die Bankenabgabe schon jetzt auch der Sicherung eines stabilen Finanzsektors diene. Wenn diese Aufgabe aber von einem europäischen Instrument übernommen werde, dann könnte dorthin ein Teil der Einnahmen aus Österreich fließen.