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Auf "Deutschen Flügeln" über Europa

Von Werner Grotte

Wirtschaft

Mit ihren im günstigsten Fall 19 Euro (inklusive Steuern) billigen Städteflügen hat sich der vor 18 Monaten angetretene | deutsche Low Cost Carrier "Germanwings" am heiß umkämpften Markt klar positioniert: Lediglich der Billigflug-Pionier "Ryanair" kann den Deutschen in der bereits 70 Anbieter umfassenden Low-Cost-Szene punkto Preis-Leistung und Einzel-Flugfrequenz noch ernsthaft das Wasser reichen.


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Mit einem ausgeklügelten 34-Städte-Mix und streng angepasstem Drei-Stunden-Reisedauer-Limit setzen die grauen Germanwings-Airbusse aber bereits höhere Maßstäbe im "Verbindungskrieg" durch das erweiterte Europa: "Wir erheben das genau: 95 Prozent unserer Passagiere möchten wieder mit Germanwings fliegen. Das ist für uns der beste Beweise, dass wir die Konkurrenz nicht zu fürchten brauchen", gibt sich Geschäftsführer Joachim Klein selbstbewußt. 600.000 Passagiere (plus 43 Prozent) zwischen Jänner und April sprechen eine deutliche Sprache.

Als erste der Billigen steuert Germanwings seit April nämlich - mit Erfolg - auch die neuen EU-Länder an: Neben Warschau und Krakau stehen nun auch Prag, Budapest, Zagreb und Split am täglichen Flugplan von oder nach Köln bzw. Stuttgart. Im Gespräch sind aber auch schon Petersburg, Moskau - und natürlich Bratislava. "In Warschau hatten wir bereits nach einem Monat den sogenannten break even mit über 80 Prozent Ladefaktor", sieht Klein seine Strategie bestätigt.

Pressburg oder Wien?

Aber warum Pressburg, wo doch in Wien bereits fünfmal täglich gestartet bzw. gelandet wird? " Es dominiert hier dennoch eine heimische Airline, und dann ist da auch die Preisfrage", begründet Klein die Ambitionen Richtung Slowakei. Denn wer geglaubt hat, Germanwings würde sich mit deutschen Städteflügen begnügen, war schlecht informiert: Von Köln bzw. Stuttgart aus werden nämlich nur drei weitere Städte - Berlin, Münschen, Dresden - angeflogen. Zu groß ist hier der Konkurrenzdruck, etwa durch Air Berlin oder Easy Jet. In der größten und reichsten deutschen "Catchment Area" Nordrhein Westfalen, mit einem Einzugsbereich von rund 20 Millionen Menschen, stellt Germanwings allerdings mit 78 Prozent Anteil am Billigflug-Kuchen bereits den Platzhirsch.

Erstmals Linie nach Mallorca

Aus den anfangs vom Stammsitz Köln aus operierenden fünf Airbussen sind bereits neun geworden, zwei weitere sind in Stuttgart stationiert. Sie verbinden insgesamt 35 europäische Destinationen zwischen Faro und Stockholm, Istanbul und Dublin. "Unser Drei-Flugstunden-Limit hat genau berechnete Auslastungs-Gründe, denn die Maschinen sind dazwischen nur 25 Minuten am Boden, dann starten sie wieder", erklärt Klein die Ökonomie. So gelinge eine optimale Auslastung hinsichtlich Fluggästen und Fluggerät, was bei längeren Distanzen nicht möglich wäre.

Derzeit sind die Germanwings-Jets im Schnitt 11,5 Stunden täglich im Einsatz, im Sommer werden es sogar 14 Stunden sein. Immerhin hat man es geschafft, etwa nach Palma de Mallorca oder Ibiza mit 80 Prozent Auslastung Linie zu fliegen, was bisher lediglich im Charter-Bereich möglich schien.

Debüt mit "Golden Card"

Billig darf dabei nicht spartanisch heißen: "Wir reichen auch bei Flügen unter einer Stunde Essen und Erfrischungen, und das zu Preisen, die unter denen am jeweiligen Airport liegen müssen", verspricht Klein. Und obwohl Kundenbindungsprogramme a´ la "Golden Card" eigentlich nicht zum Billigflieger-Credo gehören, fügt man sich dem Kundenwunsch und arbeitet bereits an einem solchen Programm. Ebenso will man selbst bei Last-minute-Buchungen preislich deutlich unter den Linien-Anbietern bleiben; bei Wien-Köln etwa maximal 250 Euro inklusive Steuern und Taxen.

Interessant dabei das Buchungsverhalten der Kunden: 90 Prozent tun dies bereits über Internet, wo auch zunehmend dazupassende Hotel- und Serviceleistungen angeboten werden. "Wir sehen uns daher als e-commerce-company im wahrsten Sinne des Wortes", erklärt Klein. Lock-Aktionen wie die "Crazy Nights" haben mit bis zu 80 Millionen Clicks pro Tag im Internet-Portal bereits eine Art Kultstatus erreicht.

Im ersten Quartal registrierte man denn auch eine durchschnittliche Sitzflächenauslastung von 84 Prozent (2003: 70) trotz 46 Prozent mehr Platzangebot: "Das sind rund 100.000 Fluggäste mehr als im ersten Quartal des Vorjahres", ist Klein zufrieden, "ab jetzt wird Geld verdient". Für heuer erwartet er daher "nach den bisherigen Ergebnissen ein 40-prozentiges Umsatzplus auf etwa 200 Mill. Euro bei 3,5 Mill. Fluggästen". Das wäre eine Steigerung um eine Million gegenüber 2003.

"Kannibalen" im Geschäft

Die Gegner sind klar definiert: "20 bis 30 Prozent unserer Gäste haben wir den klassischen Airlines weggenommen, der Rest reflektiert auf das gute Preis-Leistungs-Verhältnis", weiß Klein. Also geht der Trend eher Richtung "Kannibalismus unter den Low-Costern, während sich die "großen" zunehmend auf die internationalen Langstrecken zurückziehen.

So setzt Klein künftig auf noch bessere Städteverbindungen im bewährten Rahmen: Etwa verstärkte Präsenz im 100-Millionen-Fluggäste-Giganten London (Großraum), ebenso kleinere Ziele wie Bordeaux oder Lyon im noch wenig versorgten Frankreich.

Germanwings: Firmensitz Köln/Bonn, hundertprozentige Tochter der 1993 gegründeten "Eurowings Luftverkehrs AG", (Lufthansa-Anteil: 49 Prozent).

Geflogen wird mit sechs Airbus A-319 (142 Sitze) bzw. fünf A-320 (150 Sitze), 277 von 336 Mitarbeitern sind fliegendes Personal.

2,4 Millionen Passagiere wurden 2003 befördert. Alle Europa-Strecken kosten ab 19 Euro inkl. Steuern und Gebühren, 25 Euro die Umbuchung.

Bordverpflegung: Snacks, warme/kalte Getränke, 1 bis 5 Euro pro Stück.

http:/www.germanwings.at