Es gibt zwei Arten fernzusehen. Entweder man schaut fern, um abzuschalten. Oder das Fernsehen dreht einen auf. Ersteres passiert zu 99 Prozent. Man liegt auf der Couch, lässt sein eigenes Leben hinter sich und saugt Bilder auf, die mit ihrem Verschwinden auch schon wieder aus dem Kopf sind. Doch das eine fehlende Prozent ist interessant, das einen sich aufsetzen lässt, auf der Couch, und wenn es kommt, weiß man, da passiert etwas Neues. Da ist etwas, das einen berührt, das mit dem eigenen Leben zu tun hat und nicht nur belanglose Unterhaltung ist. "In treatment - Der Therapeut" ist eine amerikanische Serie, derzeit täglich auf 3sat.
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Die Produktion basiert ursprünglich auf einem israelischen Sendeformat. Die Dramaturgie ist ungewöhnlich. Die Musik einzigartig. Ein Raum, ein Therapeut, der pro Sendung einen Patienten empfängt. Die halbe Stunde Sendezeit ist 1:1 eine Therapiestunde bei Dr. Paul Weston, großartig gespielt von Gabriel Byrne. Die Probleme der Patienten sind komplex. Der Zuseher hört zu wie ein Therapeut, und der Patient spricht dem Zuseher aus der Seele. Die Serie ist, obwohl sie in erster Linie vom Dialog getragen wird, überaus spannend. Es geht um Fragen, die einem das Leben aufzwingt. Wen liebt man wirklich und wen glaubt man nur zu lieben? Wann ist Anpassung und Gehorsam gefragt und wann sollte man besser aus seiner Rolle fallen? Wie im echten Leben liefert der Therapeut keine Antworten, sondern hilft dem Patienten durch viele Fragen, seine eigenen Antworten zu finden. Die Couch ist demnach nicht nur ein geeigneter Ort, sein Ich zu entdecken, sondern sorgt in diesem Fall auch für gutes Fernsehen.