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Auf die Werte kommt es an

Von Matthias Nagl

Politik

Oberösterreichs neue SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer glaubt, dass die Kombination aus Werten und Führung | die Partei wieder nach vorne bringt - auf Bundes- wie auf Landesebene.


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Linz. Birgit Gerstorfer hat die Wahl schon hinter sich. Am Wochenende wurde die bisherige AMS-Landeschefin mit 95,8 Prozent an die Spitze der SPÖ Oberösterreich gewählt. Die 52-Jährige setzt große Hoffnungen in Christian Kern, der am Samstag zum SPÖ-Chef gewählt wird.

"Wiener Zeitung":Frau Gerstorfer, wie der designierte Bundesparteiobmann Christian Kern kamen Sie als Quereinsteigerin an die Parteispitze. Ist es inzwischen ein entscheidendes Kriterium, nicht direkt aus der Partei zu kommen?Birgit Gerstorfer: Das glaube ich nicht. In anderen Bundesländern haben wir seit Jahren stabile Parteiführungen.

Am kommenden Wochenende wird Christian Kern zum Bundesparteiobmann gewählt, Sie sind seit vergangenem Wochenende gewählt. Was erwarten Sie sich vom neuen Parteichef?

Es geht ganz klar um Erneuerung. Es geht um das Hinterfragen der Positionen innerhalb der SPÖ und der dort und da schon etwas antiquierten Strukturen und natürlich darum, die Werte, die die Partei vertritt, wieder salonfähig zu machen und darüber wieder Meinungshoheit zu gewinnen.

Sie haben bei Ihrer Antrittsrede davon gesprochen, nicht nur bis zur nächsten Wahl zu denken, sondern darüber hinaus. Hat die Partei so lange Zeit?

Die Werte der Partei haben schon seit Jahrzehnten ihre Berechtigung, und die werden sie auch in Zukunft haben. Wenn wir uns über die Werte der Partei unterhalten, muss man in sehr langen Zeiträumen denken. Wenn man über tagesaktuelle Themen redet, gibt es mittelfristige Zielsetzungen. Es braucht eine gute Mischung aus tagesaktuellen Themen, aber auch langfristigen Wertehaltungen der Partei. Wir sollten aufhören, darüber zu reden, warum man andere politische Akteure nicht wählen soll, sondern wir müssen darüber reden, was die Sozialdemokratie ausmacht, warum man sie wählen soll und muss.



Im Bund ist die SPÖ in der Regierung. Sie werden zwar auch in Oberösterreich ein Regierungsamt antreten, de facto hat die SPÖ in Oberösterreich aber auch eine Oppositionsrolle.

Das ist sicher etwas, das man gut gestalten muss. Denn um sich abzuheben, muss man bei gewissen Themen Oppositionspolitik machen, aktuell etwa bei der Diskussion um die Mindestsicherung.

Sie haben bereits die Strukturen der Partei angesprochen, die sich verändern müssen. Wie kann ein Umbau aussehen?

Da kann ich nur für Oberösterreich sprechen: Jede Organisationseinheit, die lange in bestimmten Systemen gearbeitet hat, braucht immer wieder einen neuen Blick. Wir müssen überprüfen, ob das, was wir uns überlegen, denn noch mit den Anliegen der Oberösterreicher zusammenpasst. Die Partei muss sich ganz klar auf die Bedürfnisse der Menschen ausrichten und nicht darauf, wie man am leichtesten das bewahrt, was vorhanden ist.

Die SPÖ verliert zunehmend traditionelle Wählerschichten, etwa Arbeiter, an die FPÖ, gerade auch in Oberösterreich. Kann man diese Wähler wieder zurückgewinnen?

Das glaube ich schon. Ich habe schon jetzt sehr viel Feedback, dass sich die Veränderungen sowohl in Oberösterreich als auch im Bund auswirken im Blick auf die SPÖ. Das müssen wir jedenfalls verstärken. Der größten Fehler, den man machen kann, ist, dass man immer wieder unterschiedliche Meinungen zu bestimmten Themen hat. Das löst Orientierungslosigkeit aus.

In Oberösterreich gibt es das Phänomen, dass Arbeiter bei Betriebsratswahlen, etwa in der Voest, SPÖ-nahe Listen wählen, bei den Wahlen auf anderer Ebene aber offensichtlich etwas anderes. Wie kann man das erklären?

Mir fehlen die Informationen, um das genau erklären zu können. Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, es braucht gute Führungspersönlichkeiten, denen man gerne folgt und die eine gewisse Glaubwürdigkeit haben. Da haben wir mit dem Bundeskanzler jetzt sicher jemanden, der diese Eigenschaft repräsentiert, und ich selbst werde mich auch am Riemen reißen, dass ich da eine gute Performance abliefere.

Das Rezept, um diese Wähler zurückzuholen, ist also schon gefunden.

Nein. Ich glaube, es ist mehr als nur ein Rezept. Es braucht jedenfalls eine Vision und Mission. Die lässt sich in der Sozialdemokratie ganz leicht durch die Werte ersetzen. Zusätzlich braucht es Partnerschaften und Ressourcen, um etwas abzuwickeln, sowie gute Abläufe und Kommunikationsprozesse. Alles zusammen ist vielleicht das Erfolgsrezept.

Die Frage, wie vonseiten der SPÖ mit der FPÖ in Zukunft umgegangen wird, wird im Herbst entschieden. Diese Frage stellt sich ja auch in Oberösterreich, wo es etwa in Linz bereits eine Zusammenarbeit gibt. Wie sehen Sie das?

Ich sehe es stark angelehnt an die Bundespartei. Es braucht Kriterien und Positionen, die die Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit anderen Parteien sind. Wenn wir in der Verhandlung ähnliche Positionen zusammenbringen, dann ist auch eine Zusammenarbeit möglich. Diese Regeln und Richtlinien müssen wir erstellen.

Wie soll das konkret aussehen? Wer legt die Regeln fest und für wen gelten die dann?

Das wird ein Teil des Verhandlungsprozesses sein, dem möchte ich nicht vorgreifen. Logisch ist, dass wir uns alle daran halten.

Das heißt, dass die SPÖ dann möglicherweise draufkommt, dass das, was im Burgenland oder in Linz praktiziert wird, eigentlich nicht geht.

Wir reden dann nicht von der Vergangenheit, sondern von der Zukunft, und in bestehende Verträge greift man in der Regel nicht ein.