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"...auf halben Wegen...zu halben Zielen..."

Von Ina Weber

Politik
Claudia Haas spricht sich für ein modernes Museum aus.
© Jenis

Museumsberaterin Claudia Haas erstellte 2009 ein Konzept für ein Haus der Geschichte - dieses wurde nie öffentlich gemacht.


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Wien. Claudia Haas’ Leben dreht sich um Museen. Sie war Direktorin des Zoom Kindermuseums, erstellte im Jahr 2008 im Auftrag des Bundeskanzleramtes ein inhaltliches Konzept für ein Haus der Geschichte und berät heute Kultur-Institutionen in ihren Entwicklungs- und Veränderungsprozessen. Warum ihr Konzept damals nie öffentlich gemacht wurde und was sie heute über die Gestaltung des Hauses der Geschichte denkt, verrät sie im Interview.

"Wiener Zeitung": Ihr Konzept wurde nie veröffentlicht, warum?

Claudia Haas: Ja, das ist sehr bedauerlich. Es wäre schön, wenn zumindest jetzt die Studie publik gemacht werden würde. Auftraggeber war damals noch das Bundeskanzleramt unter dem damaligen Kanzler Gusenbauer und drei weiteren Ministerien, nach der Wahl kam Bundeskanzler Werner Faymann und dann landete das Konzept in der Schublade.

Sie dürfen nicht über den Inhalt dieses Konzeptes sprechen. Aber können Sie ungefähr verraten, was sie damals geplant haben?

Soviel kann ich sagen: kein Museum im herkömmlichen Sinne, sondern einen Diskursort. Die Bezeichnung "Haus der Geschichte" war nur ein Arbeitstitel, der Vermittlungsansatz stand stark im Vordergrund. Schwerpunkt war, das 20. Jahrhundert darzustellen mit Dokumenten wie Film- und Tondokumenten. Es hieß damals die österreichische Zeitgeschichte ab Mitte des 19. Jahrhunderts, Schwerpunkt war aber die Zeit ab dem Jahr 1918.

Wie hätte Ihr Haus der Geschichte ausgesehen?

Ganz wichtig sind modernste Methoden der Geschichtsvermittlung. Neben dem realem Haus gäbe es ein virtuelles Haus, eine Internetplattform.

Was sagen Sie dazu, dass das Weltmuseum auf Raum verzichten muss?

Als Museologin finde ich das sehr bedauerlich, dass das Weltmuseum nicht in seine ursprüngliche Dimension als Völkerkundemuseum zurückgehen kann. Ich bin ohnehin nicht so sehr für den Standort Hofburg, sondern würde eher ein zeitgenössisches Zeichen setzen, ein Haus der Geschichte nicht hinter einer Habsburger-Fassade verstecken. Die Frage stellt sich nämlich, ob sich dieser historische Bau räumlich und funktional für ein derartiges Haus der Geschichte eignet. Die Kosten müssten einmal bewertet werden.

Nach Jahrzehnten soll das Museum nun in drei Jahren zum 100-jährigen Republiksjubiläum 2018 eröffnet werden. Ist das machbar?

Ich bedauere, dass man das Konzept so lange ruhen hat lassen und jetzt schnell wieder herauszieht, weil ein Jahrestag kommt. Zuerst passiert lang nichts und dann muss es schnell gehen. Meiner Meinung nach ist das so, wie Grillparzer einst schrieb: ’auf halben Wegen . . . zu halben Zielen . . .’ Man sollte sich Zeit nehmen, Experten heranziehen, die die räumlichen Situationen bewerten.

Was würden Sie sich jetzt im Zuge der Planung wünschen?

Ich wünsche mir einen Diskurs auf einem höheren Niveau. Dass man die neuesten Erkenntnisse berücksichtigt. Wir haben damals für unser Konzept Interviews mit rund 100 Leuten gemacht, dann ist nichts passiert, das ist ziemlich entmutigend. Wir hatten einen ungeheuren Druck, mussten in drei, vier Monaten fertig sein und dann ist die ganze Arbeit in der Schublade verschwunden.

Was sagen Sie als ehemalige Direktorin des Zoom Kindermuseums, dass die geplante Zusammenarbeit des Weltmuseums mit dem Kindermuseum gestrichen wird?

Das finde ich außerordentlich bedauerlich, weil gerade ein Museum, welches eine globale Welt präsentieren soll, seinen Blick stärker auf andere Kulturen und die junge Generation richten muss. Dass genau das gestrichen wurde, ist nicht zukunftsorientiert. Das Kindermuseum hat neue Publikumsschichten erfasst. Ein Kindermuseum wirkt schwellenabbauend. Kinder können dort etwas tun, sie werden mit ihrer Neugier gepackt und nicht eingeschüchtert. Menschen, die nie in ein Museum gegangen wären, gehen dann ins Museum. Flächenmäßig ist das Kindermuseum das bestbesuchteste in ganz Österreich bezogen auf seine Fläche. Für das Zoom war das Weltmuseum eine Chance, seine Angebote auszuweiten. Es kann seinen Bedarf ohnehin kaum decken. Für das Weltmuseum wäre es eine große Chance gewesen, neue Besucherschichten zu erschließen. Ein Museum sollte immer auch ein diskursiver Ort vor allem für eine junge Generation sein!

Claudia Haas
Anfang der 1990iger Jahre konzipierte sie das "Zoom-Kindermuseum" im Museumsquartier. Ihre Beratungstätigkeit begann die promovierte Kunsthistorikerin als Senior Consultant bei Lord Cultural Resources Planning and Management. Im Jahr 2009 gründete sie gemeinsam mit Michel Haas die Beratungsfirma haas:consult im 7. Bezirk.