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Auf in Afrikas Boomländer

Von Klaus Huhold

Politik

Investoren streben in aufstrebende Wirtschaften in Afrika. Ärmere Länder drohen abgehängt zu werden.


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Wien/Kigali. Ruandas Präsident Paul Kagame scheint für diesen Anlass ein idealer Partner für Sebastian Kurz zu sein. Wenn der Kanzler am Montagabend und Dienstag zum EU-Afrika-Forum nach Wien lädt, dann wird der Mitveranstalter auf afrikanischer Seite Kagame sein, dessen Land gerade den Vorsitz in der Afrikanischen Union führt. Das Treffen, an dem Staats- und Regierungschefs sowie Spitzenmanager aus beiden Kontinenten teilnehmen, steht unter dem Motto "Digitalisierung und Innovation". Und kaum ein anderes Land hat sich in Afrika so der Digitalisierung verschrieben wie Ruanda.

Start-ups werden gefördert und finden, auch mit der Hilfe ausländischer Stiftungen, für sie zugeschnittene Büroräumlichkeiten und finanzielle Förderer für vielversprechende Projekte. Mehr als 4500 Kilometer Glasfaserkabel durchziehen das Land, das vollkommen auf E-Governance und Effizienz setzt. Was oft auch funktioniert: So berichtet eine westliche Auswanderin, dass sie innerhalb von drei Tagen sämtliche notwendigen Bescheinigungen und Titel hatte, als sie sich in Ruanda ein Grundstück kaufte. Allerdings: Als der Regierungsserver ausfiel, ging tagelang überhaupt nichts.

Das Land sieht sich selbst als afrikanischer Tigerstaat, was sich auch im Straßenbild der Hauptstadt Kigali zeigt: Die Grünflächen sind akkurat geschnitten, die Stadt ist voller gläserner Bürogebäude, neuer Einkaufszentren und trendiger Kaffeehäuser, die mit ihren jungen Gästen, die vor Laptops sitzen, auch in einem Wiener Innenstadtbezirk sein könnten.

Investoren schwärmen von Ruanda und betonen, das sie hier im Gegensatz zu vielen anderen afrikanischen Staaten nicht mit Korruption konfrontiert sind. VW hat kürzlich erst ein Werk eröffnet, und in einer Industriezone in der Nähe von Kigali eröffnen internationale Textilfabriken ihre Tore. Die Kritik am autoritären Führungsstil von Präsident Kagame überlassen die Konzerne Menschenrechtsorganisationen.

Freilich ist nicht alles eitel Wonne in Ruanda: In einzelnen abgelegenen Regionen fehlt es noch am Notwendigsten, an Wasseranschlüssen und manchmal auch an ausgewogener, ausreichender Ernährung. Trotzdem: Das Land mit fast zweistelligen Wachstumsraten, das die Kindersterblichkeit in den vergangenen Jahren um fast zwei Drittel gesenkt hat, ist eines der afrikanischen Boomländer.

Kontinent mit verschiedenen Geschwindigkeiten

Auch andere bei Investoren aufstrebende Wirtschaften werden bei dem Gipfel vertreten sein. Etwa Äthiopien mit Premier Ahmed Aliy, wo ebenfalls große Industriecluster entstehen. Oder Ghana mit Präsident Nana Addo Dankwa - ein Land, das der Wirtschaft Sicherheit bietet, weil es seit Jahren eine stabile Demokratie ist.

Zwar ist auch manch bitterarmes Land wie Niger in Wien dabei. Trotzdem: Es entwickelt sich immer mehr ein Afrika verschiedener Geschwindigkeiten. Die Konzerne ziehen vor allem in die Handvoll attraktive Länder - und finden dabei politische Unterstützung. Das spiegelt die Initiative "Compact with Africa" wider, die von den G20, den 20 größten Industrie- und Schwellennationen, ausgeht. Diese soll internationale Investoren in afrikanische Staaten locken, die sich dafür zu gewisse Rahmenbedingungen verpflichten. Auch diese Initiative richtet sich erst wieder an aufstrebende Wirtschaften wie Cote d’Ivoire, Senegal oder eben Ruanda. Andere Länder wie Mali oder der Wüstenstaat Tschad drohen immer mehr abgehängt zu werden.

Freilich gehen Investoren dorthin, wo es Sinn für sie macht. Und es liegt zumeist an den Regierungen vor Ort, attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen. Trotzdem ist es im Sinne der Armutsbekämpfung - die stets bei Afrika mitschwingt und auch immer wieder in der Migrationsdebatte als Zauberformel genannt wird - verheerend, wenn ganze Länder auf der Strecke bleiben.

NGOs warnen vor einseitiger Betonung der Wirtschaft

Christoph Schweifer, der Generalsekretär Internationale Programme der Caritas Österreich, plädierte daher am Montag bei einer Pressekonferenz dafür, dass Programme etwa für Rechtsstaatlichkeit oder guter Regierungsführung gefördert werden.

Geladen zu der Pressekonferenz hatte der Dachverband entwicklungspolitischer NGOs, die AG Globaler Verantwortung. Die NGO-Vertreter betonten dabei, dass sie das EU-Afrika-Forum in Wien begrüßen würden. "Auch wenn es nur ein Tag ist, ist es grundsätzlich positiv, dass dieses Thema einmal so große Aufmerksamkeit bekommt", sagte die Geschäftsführerin von Care Andrea Barschdorf-Hager. Gleichzeitig warnten die NGOs davor, dass nicht ausschließlich die Wirtschaft Afrika voranbringen könne. "Nachhaltige Entwicklung darf nicht dem Markt alleine überlassen werden", sagte Annelies Vilim, Geschäftsführerin von Globale Verantwortung. Und Hartwig Kirner, der Geschäftsführer von Fairtrade Österreich, betonte, dass zwar Menschen nur dann Wohlstand erlangen können, "wenn sie am Wirtschaftsleben teilnehmen". Aber "nur durch fairen Handel und faire Bedingungen können lokale Märkte aufgebaut werden".

Und, so der Tenor bei der Pressekonferenz, das ist von Konzernen, die auf den eignen Profit ausgerichtet sind, nicht zu erwarten. Hierfür brauche es starke Regierungen, NGOs, internationale Organisationen und die Zivilgesellschaft. Nur so würden nicht nur Start-ups gegründet, sondern auch Schulen und Krankenhäuser gebaut werden.

Wie weit das Thema beim Gipfel sein wird? Zumindest geladen sind humanitäre Organisationen. Aber sie stehen in der zweiten Reihe. Und das spiegelt auch ganz gut die derzeitige Afrika-Politik der EU wider.