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Auf in die nächsten Krisen

Von Christian Felber

Gastkommentare

Die Regierung bereitet die nächste Finanzkrise vor, indem sie den geretteten Banken erlaubt, ihre Filialen in Steueroasen offen zu halten und munter weiter zu spekulieren; und indem sie für das Kapital der Steuerzahler auf Anteile und Mitsprache verzichtet. Sie legt nicht einmal die Verträge offen. Während sie über Nacht in einem historischen Akt der Bankennächstenliebe eine lückenlose Bankensozialversicherung eingerichtet hat, geizt sie bei der Allgemeinheit mit vertrauter Hartherzigkeit - egal, ob für Mindestsicherung, Entwicklungszusammenarbeit, Klimaschutz, Pensionen oder Hochschulen: kein Geld da.


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Die Festlegung des Finanzministers auf "keine neuen Steuern" wird die Republik vor ein ernsthaftes Problem stellen: Die Staatsschulden explodieren infolge der Bankensozialversicherung, dadurch muss ein höherer Teil der Staatseinnahmen für den Schuldendienst verwendet werden, doch die Steuereinnahmen gehen krisenbedingt zurück. Was ist die logische Folge? Sparen, kürzen, streichen. Die soziale Krise steht uns erst bevor, mit der vertrauten Gemütlichkeit in diesem Land könnte es bald vorbei sein.

Aufgrund ihrer intimen Verschmelzung mit den ökonomischen Eliten bittet die Regierung die Profiteure der Krise nicht zur Kasse - weder als eigentumsverantwortliche Aktionäre (es gab Zeiten, da hafteten die Aktionäre noch mit ihrem gesamten Hab und Gut für die Aktiengesellschaft) noch als Vermögende. Der reichste Haushalt in Österreich besitzt eine Fortuna, die gleich groß ist wie das Vermögen von 29 Prozent der Haushalte. Dieser Haushalt zahlt heute weder Vermögens- noch Erbschaftssteuer. Also muss die Allgemeinheit brennen.

Dass die ÖVP-Abgeordneten im EU-Parlament gegen die Einführung der Finanztransaktionssteuer gestimmt haben, macht die vorgetragene Leidenschaft der Regierung für diese nicht übermäßig glaubwürdig. Und mit dem Festkrallen am Bankgeheimnis untergräbt sie die sinnvolle und begrüßenswerte Transparenz-Strategie von 25 EU-Mitgliedsstaaten.

Dass sie so weit geht und das Betrugsbekämpfungsabkommen der EU mit Liechtenstein vereitelt hat, zeigt, wie EU-feindlich und nationalistisch die Vertretung Österreichs geworden ist.

Nur bei der Umsetzung der Liberalisierungen spielt sie weiter den EU-Musterschüler, weil sich damit die Daseinsvorsorge zugrunde richten lässt: Die ÖBB werden den Güterverkehr auf die Straße verlagern und Nebenbahnen zusperren, womit die Regierung zeigt, dass sie ernsthaft auf Klima-Crash-Kurs ist. Auch bei der Post: Wenn einerseits die Nahversorger zusperren und andererseits einander konkurrenzierende Paketzusteller den Verkehr vervielfachen, wird dem Treibhaus kräftig eingeheizt. Die ökologisch sinnvolle Ausdehnung der ÖBB-Jahresnetzkarte auf den lokalen Stadtverkehr wurde abgeblasen, weil angeblich kein Geld da ist. Ob Klima, Armut oder Finanzcrash: Die nächste Krise kann kommen.

Christian Felber ist freier Publizist und Mitgründer von Attac Österreich.