Zum Hauptinhalt springen

Auf Messers Schneide

Von Christian Rösner und Bernd Vasari

Politik

Vassilakou muss grüne Basis, Heumarkt-Investor und SPÖ unter einen Hut bekommen, wenn sie bleiben will.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Ein Rücktritt ist für die Wiener Vizebürgermeisterin und grüne Parteichefin Maria Vassilakou ausgeschlossen. Dieser liegt allerdings in der Luft, seitdem sich ihre Parteibasis gegen sie stellte und mit 51,33 Prozent am Freitag das von Vassilakou unterstützte Hochhausprojekt auf dem Heumarkt ablehnte - die "Wiener Zeitung" hat berichtet.

Die Parteikrise ist offiziell, doch nach der Krisensitzung am Montagabend sagte Vassilakou vor Journalisten: "Es geht hier nicht um meine persönliche Zukunft, sondern um ein Projekt, an dem viele Menschen in den vergangenen fünf Jahren gearbeitet haben." Sie wolle so bald als möglich Klarheit in der Heumarkt-Affäre schaffen.

Das ändert nichts daran, dass es schon länger an der grünen Basis rumort. Die Grünen müssen sich entscheiden, mit welcher Parteispitze sie die Legislaturperiode bis 2020 zu Ende bringen wollen. Vassilakou ist angezählt und wird es auf jeden Fall schwer haben, ihren Posten zu behalten. Die grüne Parteispitze muss einen Weg finden, sowohl die Basis als auch den privaten Investor Wertinvest nicht vor den Kopf zu stoßen. Auch für den roten Koalitionspartner, der sich für das Projekt auf dem Heumarkt ausspricht, muss eine Lösung gefunden werden - denn ein Nein zum Heumarkt im Stadtparlament würde Koalitionsbruch und damit einen Neustart bedeuten. Es sei denn, es wird eine Möglichkeit gefunden, das Thema aus der Koalitionsarbeit auszuklammern.

Alexander Hirschenhauser, Mitinitiator der Heumarkt-Abstimmung und Klubobmann der Grünen Innere Stadt, kann sich eine Zukunft mit Vassilakou an der Spitze vorstellen, wie er am Montag der "Wiener Zeitung" erklärte. "Jeder darf Fehler machen. Hauptsache man kann sie nachher korrigieren."

Auch einen möglichen Koalitionsbruch mit der SPÖ sieht er nicht: "Es steht nicht im Koalitionsabkommen, dass ein Hochhaus gebaut werden soll." Die Planung sei zudem kein rotes, sondern ein grünes Ressort. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPÖ wegen einem Investorenturm mit Luxuswohnungen, der noch dazu das Weltkulturerbe gefährdet, eine Koalition aufkündigen will, wo es um viel weltbewegendere Themen geht, die in Angriff zu nehmen sind", meinte Hirschenhauser.

Eine Urabstimmung wie am Freitag könne er anderen Parteien bei strittigen Themen nur empfehlen. "Das ist die Basis dafür, dass Demokratie im Großen funktionieren kann", befindet der Klubobmann der Grünen Innere Stadt. Ganz anders sieht das im Übrigen der grüne Bezirksvorsteher in Neubau, Thomas Blimlinger. Eine Urabstimmung sei kein passendes Instrument, um über derartige Themen abzustimmen, erklärte der Projektbefürworter am Montag.

Rathaus-Oppositionwittert Morgenluft

Inzwischen wittern Neos und ÖVP Morgenluft: Erstere bieten der SPÖ einen Schulterschluss in Sachen Heumarkt-Projekt an, Zweitere sehen sich überhaupt schon als nächsten Koalitionspartner - und beide Parteien stellen Bedingungen.

Fangen wir bei den Neos an: Obfrau Beate Meinl-Reisinger will der SPÖ im Stadtparlament die Mehrheit für das Bauprojekt verschaffen - was allerdings nur zusammen mit der ÖVP möglich wäre, da die Neos zusammen mit der SPÖ nur auf 49 Stimmen kommen würden. Aber immerhin befürwortet die ÖVP die Neugestaltung des Heumarktes. Als "Gegenleistung" fordert Meinl-Reisinger eine Befragung der Bevölkerung zum Weltkulturerbestatus des Areals. Die Wiener sollen demnach entscheiden, ob sie für das Projekt die Aberkennung des Weltkulturerbestatus in Kauf nehmen würden oder nicht.

Die ÖVP stellt gleich Koalitionsbedingungen an die SPÖ: Unter dem Titel "Bedingungen für Koalitionsverhandlungen" will Landesparteihauptmann Gernot Blümel heute, Dienstag, in einer Pressekonferenz erklären, was die SPÖ tun müsste, um mit der ÖVP zusammenzuarbeiten.

Den Grund für dieses Vorgehen argumentieren die Stadtschwarzen folgendermaßen: "Die rot-grüne Koalition befindet sich am Höhepunkt ihrer Dauerkrise. SPÖ und Grüne beschäftigen sich in erster Linie mit internen Problemen, Spaltungen und Nachfolgefragen. Für Wien müssen aber endlich wieder die wesentlichen Standortfragen in den Mittelpunkt gestellt werden. Daher ist diese verfahrene Situation eine Chance für Vernunft, Hausverstand und Zukunft."

FPÖ fordertNeuwahlen im Herbst

Die SPÖ zeigte zumindest bis Montag wenig Interesse an den Angeboten der Opposition. Die Zeichen stehen hier auf Abwarten. Die FPÖ übte sich in Polemik und sprach von "politischen Leichengerüchen", die Rot-Grün umwehen würden und bei der Bevölkerung "zusehends Übelkeit erregen", wie es Landesparteisekretär Toni Mahdalik formulierte. Er forderte Bürgermeister Michael Häupl sowie Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou auf, den Weg für Neuwahlen im Herbst freizumachen - ohne sich als Koalitionspartner anzubiedern. Klar ist: Die Fortsetzung einer rot-grünen Zusammenarbeit wäre ziemlich unwahrscheinlich, wenn neu gewählt werden würde.

Vassilakou in der Sackgasse