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Das Nein Oslos zu einer Kandidatur um die Olympischen Winterspiele 2022 kam nicht gerade überraschend. Dabei ist Norwegen ein traditionsreiches Wintersportland und der Holmenkollen die Wiege so mancher Legendensaga. Auch deshalb hätten sich viele nach den aufgemotzten Putin-Propagandaspielen in Sotschi und den Spielen 2018 im fernen Südkorea Oslo als Schauplatz gewünscht - nur halt die Norweger nicht. Und obwohl dadurch wohl Kasachstan zum Zug kommen wird, ein Land also, das man getrost als demokratiepolitisch bedenklich einstufen kann, kann man es den Norwegern nicht verdenken.
Olympische Spiele kosten Geld, bergen Risiken und bringen ansonsten nicht viel, außer dass sich ein paar Funktionäre einige schöne Wochen machen können. Dabei haben die Norweger sicher nicht ihre Lust am Wintersport verloren, ebenso wenig wie die Brasilianer am Fußball. Trotzdem gab und gibt es da wie dort Ressentiments, die sich gegen den Gigantismus und die Geldvernichtungsmaschinerie richten.
Der Sport beziehungsweise seine obersten Repräsentanten werden sich etwas überlegen müssen, um die Veranstaltungen wieder leistbarer zu machen, um transparenter und glaubwürdiger zu werden. Denn wenn IOC-Präsident Thomas Bach wie unlängst bei den Asienspielen erklärt, Sport hätte sehr wohl mit Politik, Geld und Geschäft zu tun, man gleichzeitig aber nichts unternimmt, um ihn demokratischen Ländern, die moralischen Standards zumindest nachzukommen versuchen, schmackhaft zu machen, ist das schlichtweg scheinheilig.
Dabei sind Olympia und der Weltfußball nur die Spitze des Eisbergs. Die Abwanderung von Veranstaltungen aus ihren Traditionsstandorten in "neue Märkte", wie es dann so schön heißt, kann man schon länger in der Formel 1 beobachten - und nun auch im vergleichsweise überschaubaren Mikrokosmos Skiweltcup. Der wird heuer nämlich nicht in Bormio gastieren, aus Kostengründen, heißt es. Immerhin, noch gibt es Länder, die sich ernsthaft um die Austragung großer Veranstaltungen bemühen: Thailand will 2016 einige Etappen der Tour de France beherbergen. Willkommen in Absurdistan.