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Auf "Non" folgte "Nee"

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Nach Frankreich hat ein weiterer Gründerstaat der Europäischen Union die EU-Verfassung abgelehnt. In den Niederlanden stimmten 63 Prozent der Wählerinnen und Wähler gegen das Vertragswerk. Nachwahlbefragungen zufolge waren lediglich 37 Prozent für das Dokument. Die Parteien haben angekündigt, das Votum zu respektieren.


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Auf das "Non" der Franzosen folgte das "Nee" der Niederländer. Und es fiel noch deutlicher aus als vor wenigen Tagen. Die Wahlbeteiligung lag bei 62 Prozent - weitaus höher als bei der Europawahl im Vorjahr. Zwar ist das Ergebnis nicht bindend, doch haben die Parteien angekündigt, den Ausgang des Votums zu respektieren, wenn die Wahlbeteiligung über 30 Prozent liegt. Auch Ministerpräsident Jan Peter Balkenende erklärte, das Ergebnis respektieren zu wollen.

Im Gegensatz zu Frankreich dürfte das Nein keine Folgen für die Regierung in den Niederlanden zu haben. Balkenende betonte, dass eine Ablehnung der Verfassung keinen Rücktritt seines Kabinetts zur Folge haben werde. Nach dem Referendum zeigte er sich enttäuscht - und plädierte gleichzeitig dafür, den Ratifizierungsprozess fortzusetzen.

Ungewisse Referenden

Dafür setzt sich auch die EU-Kommission ein. Doch es bleibt unklar, ob alle Staaten an ihren Plänen festhalten. Daher warnte Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso bereits vor Bekanntgabe des Ergebnisses in den Niederlanden vor Alleingängen. "Unabhängig vom Ausgang appelliere ich an die Staats- und Regierungschefs, auf alle einseitigen Schritte vor dem Europäischen Rat (Mitte Juni) zu verzichten", erklärte er.

Dennoch lässt Großbritannien mittlerweile offen, ob das Volk oder das Parlament über die EU-Verfassung abstimmen soll. Auch in Polen ist die Debatte über die Notwendigkeit eines Referendums wieder entbrannt.

Skeptische Dänen und Iren

Dänemark wiederum will an der für 27. September geplanten Volksabstimmung festhalten. Umfragen zufolge sind viele Dänen noch unentschlossen, wie sie votieren sollen. Doch schon einmal, 1992, stimmten sie gegen ein EU-Abkommen - den Maastricht-Vertrag. Die Einführung des Euro lehnte die Mehrheit ebenfalls ab. In Luxemburg, wo im Juli über die Verfassung abgestimmt wird, beginnen die Umfragen ebenfalls bereits zu kippen. Zwar würde derzeit noch eine Mehrheit für die EU-Verfassung votieren, doch die Zustimmung sinkt.

Auch die Iren zeigten sich vor vier Jahren skeptisch gegenüber den Plänen der EU: Damals stimmten sie gegen die Erweiterung der Europäischen Union. Erst 2002, nachdem Irland Ausnahmeregelungen in den Bereichen Verteidigung und politische Neutralität ausverhandelt hatte, änderten sie ihre Meinung. Für ein Referendum über die EU-Verfassung hat die irische Regierung noch keinen Termin festgelegt.

Wann - und ob - es zu einer Volksabstimmung in Tschechien kommt, ist ebenso unklar. Während Präsident Vaclav Klaus das Dokument offen ablehnt, wirbt der sozialdemokratische Ministerpräsident Jiri Paroubek dafür. Dieser hat mittlerweile von der Regierung das Mandat erhalten, beim Gipfeltreffen Mitte Juni eine Verlängerung der Ratifizierungsfrist vorzuschlagen. Die bisherige Regelung sah vor, dass der Prozess bis Ende Oktober 2006 abgeschlossen sein soll. Nach dem negativen Votum in Frankreich und den Niederlanden scheint dies aber unwahrscheinlicher denn je.