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Auf Partnersuche für neue Steuer

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Zusammenarbeit einer Gruppe von Ländern statt EU-weiter Einführung.


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Luxemburg. Österreich wollte es diesmal wissen. Seit Monaten wird darüber debattiert, ob die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen in mehreren EU-Ländern möglich ist. Denn allzu klar war, dass eine europaweite Besteuerung am Widerstand mehrerer Staaten wie Großbritannien und Schweden scheitern würde. Doch könnten einige Mitglieder vorpreschen. Und ob sich genug Willige dafür finden, wollte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter bei einem Treffen mit ihren EU-Amtskollegen in Luxemburg in Erfahrung bringen. Fixe Zusagen hat sie zwar nicht in ausreichendem Ausmaß erhalten. Doch stellten sowohl die EU-Kommission als auch das derzeitige EU-Vorsitzland Dänemark fest, dass keine Einigung der 27 Mitglieder möglich sei. Damit ist aber gleichzeitig die erste Bedingung erfüllt, um die sogenannte verstärkte Zusammenarbeit einzuleiten.

Diese erlaubt es, einer Gruppe von mindestens neun Ländern voranzugehen. Wien will schon in den kommenden Wochen die Gespräche mit potenziellen Unterstützern dieser Initiative beginnen, um einen entsprechenden Brief an die EU-Kommission zu richten, die wiederum den Antrag prüfen muss. Danach müssen noch die Staaten mit qualifizierter Mehrheit solch eine Kooperation gutheißen.

Prinzipiell wäre eine Reihe von Staaten bereit, die Initiative zu unterstützen; Großbritannien und Schweden würden diese immerhin - wahrscheinlich - nicht blockieren. Das ging aus der Debatte der Minister hervor. Neben Österreich sprachen sich auch Deutschland, Frankreich, Belgien und Griechenland für die Zusammenarbeit aus; Slowenien will sich nur noch das Mandat des Parlaments dafür holen. Das würde zwar für eine Partnerschaft nicht reichen; doch erklärten sich gut zehn weitere Länder bereit, eine Beteiligung zu prüfen, wenn sie mehr Details erhalten.

So ist noch nicht klar, ob es um eine umfangreiche Abgabe auf den Handel mit Aktien, Anleihen und Derivaten oder eine abgespeckte Variante gehen könnte. Kritiker der Steuer befürchten, dass in jedem Fall Börsengeschäfte aus Europa abwandern könnten.

Werben um Unterstützung in Luxemburg und Rom

Fekter zeigte sich zufrieden, dass es einen "weiteren Schritt" Richtung Finanztransaktionssteuer gebe und nur wenige Minister in Luxemburg die Debatte "schubladisieren" wollten. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble präzisierte, dass sich kein einziges Land gegen die Initiative ausgesprochen hat.

Parallel dazu holte sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in Rom die Zusagen von drei Amtskollegen, generell die Einführung einer Börsensteuer zu unterstützen. "Ich freue mich auch, das alle vier heute sagen können, wir unterstützen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer", erklärte sie nach einem Treffen mit den beiden Ministerpräsidenten Mario Monti und Mariano Rajoy sowie dem französische Staatspräsident François Hollande. Frankreich drängt darauf, dass die Steuer so schnell wie möglich eingeführt wird.

Doch waren es vor allem Deutschland und Österreich, die in der Debatte mehr Druck machen mussten. Denn in beiden Ländern hängt die Diskussion um die Finanztransaktionssteuer mit der Ratifizierung des permanenten Euro-Rettungsschirms (ESM) sowie des Fiskalpaktes zusammen. Die Oppositionsparteien haben nämlich ihre -nötige - Zustimmung zu den Abkommen davon abhängig gemacht, dass sich Berlin und Wien für eine Einführung der Besteuerung einsetzen.

Das hat Fekter denn auch ihren EU-Kollegen mitgeteilt. Sie gab ihnen zu verstehen, dass die Ratifizierung des ESM in Österreich gefährdet sei. In Deutschland ist das Ringen zwischen Regierung und Opposition gar zu einem Verfassungsstreit geworden. In Wien waren es vor allem die Grünen, die Fekter zu mehr Engagement verpflichten wollten. So sah der stellvertretende Klubchef Werner Kogler die Zusammenkunft der Finanzminister sowie das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in der kommenden Woche als "entscheidende Tage" an. Nicht zuletzt an die Adresse der Grünen war daher Fekters Botschaft gerichtet, sie habe nicht zugelassen, das Projekt "zu Grabe zu tragen".

Die Europäische Kommission, die eine EU-weite Einführung weit lieber gesehen hätte, begrüßte die angepeilte Partnerschaft. Die sei besser als gar keine Lösung, so Steuerkommissar Algirdas Semeta. Die Brüsseler Behörde hat bereits signalisiert, einen Antrag rasch prüfen zu wollen.

Die Annahme, die Einnahmen schon im kommenden Jahr lukrieren zu können, könnte sich dennoch als unrealistisch erweisen. Denn auch eine verstärkte Zusammenarbeit zu beschließen, kostet Zeit. Knapp könnte es ebenfalls für das Inkrafttreten des ESM werden - auch wenn Deutschland und Österreich versichern, dass die Ratifizierung in den Parlamenten rechtzeitig, Anfang Juli, erfolgt. Schon für den 9. Juli ist die konstituierende Sitzung für den ESM angesetzt.