Hauptsächlich Nachbarn melden zunehmend Verdacht auf Pfusch. | Dem Auftraggeber drohen hohe Strafen. | Wien. Emsig klopfen die Männer in grauen Arbeitshosen unter der prallen Mittagssonne am Rohbau des Einfamilienhauses - plötzlich ertönt ein Pfiff, der die Arbeiter aufschrecken lässt. Sie lassen ihr Werkzeug fallen und verschwinden in Windeseile durch den Garten. So schildert der Tullner Hannes S. das Szenario einer Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung (Kiab) durch das Bundesministerium für Finanzen, das sich vor kurzem bei seinem Nachbarn abgespielt hat.
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"Die Meldungen über die Beschäftigung von Pfuschern häufen sich in letzter Zeit dramatisch", sagt Harald Schweiger, Geschäftsführer der niederösterreichischen Landesinnung Bau, der "Wiener Zeitung". "Gerade in der angespannten Wirtschaftslage kehren nämlich Hausbauer den professionellen Firmen immer häufiger den Rücken und setzen auf billigere, illegale Arbeiter", fügt Landesinnungsmeister Robert Jägersberger hinzu.
Bei der Landesinnung Bau und Kiab gehen zeitgleich die anonymen, online verschickbaren Meldungen über Pfuscher ein. Aber hauptsächlich aufmerksame Nachbarn informieren laut Schweiger telefonisch über die Beschäftigung von Pfuschern - woraufhin die Kiab zumeist eine Baustellenkontrolle durchführt, bei der häufig Polizeibeamte mitgenommen werden.
Für die Haushaltskasse
Die Zunahme des Pfuschs, also der Ausübung einer Tätigkeit, für die der Arbeiter keine Berechtigung besitzt oder keine Abgaben leistet, und womit die Gewerbeordnung überschritten wird, hat Friedrich Schneider vom Institut für Volkswirtschaftslehre der Johannes Kepler Universität Linz bereits in einer Studie berechnet. Mehr als 1000 Personen wurden dabei befragt: 14 Prozent gaben an, aufgrund der Krise nun mehr Arbeiten durch Pfuscher erledigen zu lassen, um Kosten zu sparen. Zehn Prozent wollten wiederum häufiger - vorwiegend beim Hausbau oder bei Autoreparaturen - pfuschen, um die Haushaltskasse etwas aufzubessern.
"Konkret wird der Pfusch in Österreich heuer um insgesamt fünf Prozent zunehmen", meint Schneider - was 20,5 Milliarden Euro oder 8,47 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausmacht. "Dadurch gehen etwa drei Milliarden Euro an Sozialversicherungsabgaben und zu einem geringeren Teil an Steuern verloren", fährt der Experte fort, "weil Pfuscher ja nicht für´s Sparbüchl arbeiten, sondern das verdiente Geld gleich wieder etwa für ein neues Auto ausgeben."
Für Letzteres sind allerdings mehrere Wochen illegaler Arbeit nötig - für eine Pfuscherstunde werden höchstens 10 Euro bezahlt. Als besonders dreist bezeichnet Jägersberger jene Pfuscher, "die ihre Stundensätze mit der Mehrwertsteuer von 20 Prozent aufrechnen - das ist klassischer Steuerbetrug."
Auch diese Angebote seien zwar immer noch preislich attraktiver als jene von professionellen Baufirmen, allerdings stünde ihnen oft eine unzufriedenstellende Umsetzung gegenüber. "Angefangen von Anzahlungen, denen keine Leistungen folgen, bis hin zu fachlich komplett falschen Entscheidungen kann alles passieren", warnt Jägersberger.
Billig kaufen ist teuer
Außerdem haftet laut Schweiger auch der Auftraggeber, wenn er wissentlich Pfuscher beschäftigt: Ihm droht eine Geld- oder Vorstrafe, und im schlimmsten Fall sogar Freiheitsentzug. Um die legale Beschäftigung von Arbeitnehmern der Bevölkerung schmackhafter zu machen, schlägt Schneider die steuerliche Ansetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen vor. "So würde bei 1000 Euro Absetzbetrag je Haushalt der Pfusch um 1,7 Milliarden sinken", rechnet der Experte.
Im internationalen Vergleich wird in Österreich immer noch verhältnismäßig wenig gepfuscht - an erster Stelle liegt Griechenland, wo die Schattenwirtschaft stolze 25 Prozent des BIPs ausmacht.