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Auf Punkt und Beistrich

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Das Interessante an diesem "Koalitionskrach" ist, dass es gar nicht so sehr inhaltliche Differenzen waren, die ihn befeuerten, sondern methodische. Bundeskanzler Christian Kern will ein Regierungsübereinkommen, in dem die vereinbarten Ziele nicht nur ganz exakt definiert, sondern auch mit einem fixen Zeitpunkt versehen werden. Jeder Minister müsse sich dann zu diesen Vereinbarungen bekennen. Die ÖVP will die Themen eher breiter definiert ins Regierungsabkommen hineinschreiben.

Die - nicht unberechtigte - Sorge der SPÖ: Bei ungenauen Vereinbarungen geht in wenigen Wochen eine sinnbefreite Debatte los, wie die Einigung eigentlich gemeint war. Das ist in den vergangenen Jahren öfters passiert und trug deutlich zum Eindruck bei, die Koalition würde im Dauerclinch liegen.

Also sollen die jeweiligen Themen en detail festgeschrieben und am Schluss zu einem Gesamtpaket geschnürt werden. Das braucht Zeit, erspart aber spätere Zores.

Ein Beispiel: Die ÖVP möchte ja die Flüchtlingszahl heuer auf 17.000 halbieren, Innenminister Wolfgang Sobotka vertritt dies. Wenn mehr Schutzsuchende kommen, sollen die in Anhaltelagern, etwa in Kasernen, untergebracht werden. Das sei politischer Aktionismus, meint die SPÖ, die Flüchtlinge wären dann ja trotzdem im Land. Es müsse also ein Konzept geben, sie an der Grenzüberquerung zu hindern - das gibt es nicht. Ähnlich wäre mit der Arbeitszeitflexibilisierung zu verfahren, bei der die Sozialpartner bis zu einem fixen Termin liefern müssten.

Kern beharrt nun auf einer Punkt-und-Beistrich-Vereinbarung für die verbleibende Zeit der Legislaturperiode, was in Teilen der SPÖ durchaus Bauchgrimmen verursachte. Ob die Verärgerung der Volkspartei darüber gespielt war, ist nicht bekannt. Immerhin hat sie übers Wochenende die Chance, einige Forderungen durchzusetzen, zu denen die SPÖ unter Faymann nicht bereit gewesen war.

Der Koalition bleibt nichts anderes übrig, es muss alles im Jahr 2017 umgesetzt werden. Wenn die verhandelten Punkte rasch umgesetzt werden, ist ein vorgezogener Wahltermin spät im Herbst 2017 denkbar. Denn 2018 stehen vier Landtagswahlen ins Haus, da sind größere Würfe unmöglich. Wenn SPÖ und ÖVP bei all den Wahlen Chancen haben wollen, müssen sie davor was zusammenbringen - also jetzt.