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Zumindest an verbalen Ausrutschern hatte der EU-Wahlkampf keinen Mangel. Gerade rechtzeitig zum langen Wochenende häufen sich nun die Appelle zur sprachlichen Mäßigung. In der Sache selbst bleiben die Parteien jedoch bei ihren Standpunkten: Die ÖVP verlangt von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer die Zurücknahme seiner Pogrom-Äußerung und seinen Rücktritt.
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Die Liste ist lang: Von "Vaterlandsverrätern", denen man das passive wie aktive Wahlrecht aberkennen sollte, war da ebenso die Rede, wie von Fraktionen, die angeblich dem Nationalsozialismus nachtrauern, und Parlamentssitzungen, in denen "absolute Pogrom-Stimmung" geherrscht haben soll.
Angesicht der ohnehin weit verbreiteten Politikverdrossenheit großer Teile der Bevölkerung kam am Dienstag nun eine Gegenbewegung zu dieser Eskalation der Sprache in Gang.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel rief nach dem Ministerrat "alle Beteiligten" zur "Abrüstung der Worte" auf. Es müsse im 21. Jahrhundert endlich aufhören, dass man jemandem vorwirft Kommunist oder Faschist zu sein. In dasselbe Horn stießen auch Vizekanzler Hubert Gorbach und Wiens Bürgermeister Michael Häupl. letzterer meinte, man solle darüber nachdenken, "welchen Sinn es macht, sich zu benehmen, als ob wir im Februar 1934 stehen würden" - und erinnerte in diesem Zusammenhang an den Vorsatz in der Folge des Briefbomben-Terror, in der Politik allzu harscher Worte zu vermeiden. Inhaltlich kritisierte Häupl sowohl die Aussagen Broukals als auch Gusenbauers.
Dies taten auch - und zwar in unvermindert harter Form - ÖVP und FPÖ. Schüssel bezeichnete die Aussage des SPÖ-Chefs als "untragbar" und VP-Klubchef Molterer sprach sich sogar für dessen Rücktritt aus.
Gusenbauer selbst verteidigte sein Verhalten: "Wenn ÖVP und FPÖ die Sozialdemokraten als Vaterlandesverräter bezeichnen und sich dafür nicht entschuldigen, so weiß ich nicht, für was und bei wem ich mich entschuldigen sollte". Mit der Pogrom-Aussage wird sich heute, Mittwoch, die Präsidiale befassen.