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Auf Tauchstation nach "Mondpreisen"

Von Christian Rösner und Alexander U. Mathé

Politik

Nach der Bitte beim Bund um Hilfe für die Wien-Energie am Wochenende, war es am Montag ganz still im Rathaus.


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Die Stille im Rathaus war am Montag beängstigend. Am Sonntag war bekannt geworden, dass der Wien Energie 6 Milliarden Euro fehlen, um Gaskäufe zu besichern. Sogar das Wort "bankrott" geisterte bereits herum. Doch aus dem Rathaus war nichts dazu zu hören. Die Stadt, die sonst ein Musterbeispiel an Kommunikation ist, verhielt sich mucksmäuschenstill. Das war umso bemerkenswerter, als die Wien Energie von sich aus an den Bund mit der Bitte um Hilfe herangetreten ist.

Man könnte meinen, es war klar, dass das nicht unbemerkt bleiben würde. Entsprechende Erklärungen werden hier typischerweise bereits im Vorfeld vorbereitet. "Wir arbeiten daran", hieß es Montagvormittag auf Nachfrage - egal, bei welcher Stelle. Fast konnte man glauben, angesichts der gravierenden Situation hätte sich bereits jeder, der konnte, in Sicherheit gebracht, und nur noch ein paar Ahnungslose hielten die Stellung.

Mitarbeiter, aber auch Führungskräfte erklärten noch Montagmittag hinter vorgehaltener Hand, dass sie von den Umständen auch nur über die Medien erfahren hätten. "Es gab keinerlei interne Kommunikation, was schon darauf schließen lassen könnte, dass da etwas ordentlich schiefgegangen ist", sagte eine Führungskraft aus dem Energieversorgerbereich.

Erst am Nachmittag kam dann eine erste Stellungnahme der Wien Energie. "Aufgrund des am Freitag abermals und plötzlich explodierten Strompreises steigen die erforderlichen Sicherheitskautionen im Energiehandel unvorhergesehen an. Innerhalb nur eines Tages ist der Strompreis im Handel von 700 auf rund 1.000 Euro gestiegen", erklärte das Unternehmen. Niemand müsse sich Sorgen machen, wurde versichert: Wien Energie sei solide und verfüge über eine hohe Bonität Die notwendigen Sicherheiten dienen ausschließlich der Absicherung von bereits getätigten Geschäften an der Energiebörse.

"Mondpreise"

Am Nachmittag schließlich meldete sich der Stadtrat für Finanzen und Wiener Stadtwerke, Peter Hanke zu Wort. Er forderte einen bundesweiten "Schutzschirm", da derzeit an der Börse "Mondpreise" für Strom verlangt würden. "Wir fordern seit Wochen Maßnahmen des Bundes, die andere Länder - beispielsweise Deutschland und die Schweiz - schon längst gesetzt haben. Am heutigen Tag hat die tschechische Ratspräsidentschaft reagiert und eine Energiesitzung einberufen. Die Stadt Wien stemmt derzeit mit Eigen- und Fremdkapital entsprechende Summen, um die Versorgungssicherheit Wiens zu gewährleisten", sagte Hanke gegenüber der "Wiener Zeitung".

Wien sei gezwungen, mehr Strom an den Handelsplätzen zu kaufen. "Das ist ein ganz normaler Vorgang." Nötig seien dabei stets Sicherheitsleistungen, also Kautionen, für bereits für die Zukunft abgeschlossene Geschäfte. Nun sei der Strompreis "nach oben explodiert".

Von Freitag, 26. August 2022 auf Samstag, 27. August stieg der Strompreis an der Börse im Vergleich zum Strompreis August 2021 um 1.095 Prozent an, hieß es aus dem Rathaus. Daher war das rasch einberufene Treffen im Bundeskanzleramt nötig, in dem man um die Hilfsgelder bat. Diese Gelder seien als Depot zu sehen und keine verlorenen Summen. Vielmehr würden diese nach Abschluss des Geschäftes wieder zurückfließen. Die Stadt habe zuletzt bereits selbst Garantien bereitgestellt, also über jene hinaus, die vom Unternehmen üblicherweise selbst aufgebracht würden. Nun brauche es den Bund zur Stabilisierung.

Wiens Opposition schäumte. FPÖ-Chef Dominik Nepp forderte eine Erklärung von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ): "Wir haben das Recht zu erfahren, seit wann die rot-pinke Stadtregierung von den Liquiditätsproblemen und der drohenden Milliardenpleite des städtischen Unternehmens gewusst hat. Es ist wenig vorstellbar, dass eine solche Finanznot über Nacht auftaucht."

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Und Peter Kraus, Parteivorsitzender der Wiener Grünen, ergänzte: "Man muss ganz deutlich die Frage stellen, warum der Bürgermeister seine Notkompetenzen am Gemeinderat vorbei ausgeübt hat. Warum wurden der Gemeinderat und der Stadtsenat nicht involviert, warum wurde die Bundesregierung erst so spät kontaktiert und um Hilfe gebeten?"

Vorwurf der Intransparenz

Ein Vorwurf, den die Wiener ÖVP der Wiener Stadtregierung bereits seit längerem macht. "Es ist jetzt genau das eingetreten, wovor wir vergangene Woche in der ,Wiener Zeitung‘ gewarnt haben: Nämlich, dass die SPÖ mit ihren ausgelagerten Unternehmungen alles am Gemeinderat vorbeischleusen kann, was sie will", meinte ÖVP-Verfassungssprecher Patrick Gasselich. Zur Erklärung: Die Wien Energie GmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Wiener Stadtwerke GmbH und steht somit mittelbar im Eigentum der Stadt Wien. Sie unterliegt aber nur der Kontrolle der Konzernrevision, des Kontrollamts der Stadt Wien sowie des Rechnungshofs.

Erst vor einer Woche hatte die Wiener ÖVP kritisiert, dass etwa beim Fonds Soziales Wien (FSW) die Kontrollrechte der Opposition lediglich darin bestehen, in einem zweimal im Jahr tagenden Beirat zu sitzen, in dem sie im Nachhinein über Beschlüsse informiert wird. Der FSW verwaltet immerhin ein Budget von rund 2 Milliarden Euro im Jahr, allein für den Pflegebereich werden davon 1,3 Milliarden aufgewendet.

Alles sei korrekt abgewickelt worden, versicherte auf Seite der Stadtregierung Peter Hanke. Die Stadt habe die Kompetenz, hier sofort tätig zu werden. Den Vorwurf der Intransparenz wies er zurück. Man werde dies bei der nächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses einbringen.