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Auf Zwangsarbeit in Österreich

Von WZ Online

Politik

Wien. Innenministerin Maria Fekter (V) bereist kommende Woche Moskau - im Gepäck hat sie mehr als drei Kilo Lektüre der besonderen Art. Die Ressortchefin übergibt im Kreml ein vom Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung erarbeitetes Namensbuch.


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Es beschreibt das Schicksal von rund 60.000 Bürgern der ehemaligen Sowjetunion, die auf österreichischem Boden während des NS-Regimes bzw. in der Nachkriegszeit zu Tode kamen.

Die Daten liegen auch in elektronischer Form vor und beschreiben das Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener, Zwangsarbeiter, KZ-Opfer und Zivilisten. Über Jahre hinweg hat sich das von Historiker Stefan Karner geleitete Boltzmann-Institut durch Archivarbeit, aber auch Ausgrabungen Kenntnis darüber verschafft, wo die Sowjetbürger ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.

Herausgekommen ist eine Art Namensbuch. Auf knapp 1.000 Seiten werden unkommentiert Vor- und Zuname der Opfer sowie Geburts- und Sterbedatum und letzte Ruhestätte angeführt. Mitfinanziert wurde das Projekt von russischen Sponsoren wie Gazprom und Lukoil, aber auch von der österreichischen Strabag und öffentlichen Stellen wie dem Land Steiermark. Das Innenministerium bot logistische Unterstützung.

Das Interesse Moskaus an dem Projekt ist groß, wie schon der Empfang Fekters im Kreml zeigt. Zwar wird das Buch nicht Präsident Dmitri Medwedew persönlich entgegennehmen, jedoch immerhin der Leiter der Präsidialverwaltung, Sergej Naryschkin, die Nummer 3 im Land nach dem Staatschef und Premier Wladimir Putin. Auch dies sei protokollarisch ungewöhnlich, aber dadurch zu erklären, dass Österreich als erstes Land eine entsprechende Aufarbeitung des Schicksals von Sowjetbürgern vorgenommen habe.

Einsicht in die Daten erhalten alle Russen bzw. Bürger ehemaliger Sowjetrepubliken. Die Datenbank wird über die Homepage des Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung abrufbar sein. Zudem werden etwa 2.000 Bücher per Lastwagen nach Russland verfrachtet. Jeder Verwaltungsbezirk soll ein Exemplar bekommen.

Zweiter Schwerpunkt der Fekter-Reise ist ein Treffen mit ihrem Amtskollegen Nurgalijew, bei dem die Kooperation etwa in den Bereichen Cyber-, Drogen- und Kunstkriminalität im Vordergrund stehen soll. Zudem soll es auch einen Erfahrungsaustausch in Sachen Sondereinheiten geben und ein Protokoll über die Zusammenarbeit für die Jahre 2011-2012 unterzeichnet werden.

http://www.bik.ac.at