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Aufatmen Prodis nach gewonnener Abstimmung, aber für wie lange?

Von Rainer Mayerhofer

Analysen

Romano Prodi hat die Klippe der Vertrauensabstimmung im Senat umschifft. Dem Votum in der Abgeordnetenkammer kann er mit Gelassenheit entgegensehen. Dort hat er ja aufgrund des Wahlrechts eine solide Mehrheit.


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Die Zitterpartie vom Mittwoch Abend aber hat einmal mehr deutlich illustriert, dass die Mitte-Links-Regierung durch jede Grippewelle gefährdet ist. Gerade einmal zwei Stimmen mehr als unbedingt erforderlich hat der Premier im Senat erhalten und das Tauziehen hielt buchstäblich bis zur letzten Minute an. Die graue Eminenz der italienischen Nachkriegspolitik, der nunmehr 88-jährige Ex-Regierungschef Giulio Andreotti, der seit 1991als Senator auf Lebenszeit amtiert, hatte bis zuletzt offen gehalten, ob er für Prodi stimmt, sich der Stimme enthält - was im Senat als Gegenstimme gezählt wird - oder nicht an der Abstimmung teilnimmt. Letzten Endes hatte er sich nicht an der Abstimmung beteiligt.

Grund für Andreottis Eiertanz war die Frage der Legalisierung der Lebenspartnerschaften, die unter dem Kürzel "Dico" (Rechte und Pflichten der zusammenlebenden Personen) firmieren. Sie ist die nächste Treibmine auf der Fahrt des prodischen Koalitionsdampfers, dessen Mannschaft aus elf verschiedenen Gruppen zusammengesetzt ist.

Die aus der christdemokratischen Partei hervorgegangene UDEUR von Justizminister Clemente Mastella hat bereits ihre Bedenken in dieser Frage angekündigt. Andreotti, der nie ein Hehl aus seinen sehr guten Beziehungen zum Vatikan gemacht hat, ist ebenfalls dagegen. Und auch auf die Stimme des unabhängigen Senators aus Argentinien, Luigi Pallaro, kann Prodis Mannschaft in dieser Frage nicht zählen. Prodi hat dieses Thema - sehr zum Verdruss der linken Kräfte in seiner Koalition - auch gar nicht erst in sein 12-Punkte-Programm aufgenommen und festgestellt, die Regierung habe ihren Vorschlag ja bereits ans Parlament geliefert, das nun darüber zu entscheiden habe.

Die Frage des Afghanistan-Einsatzes, die zur jüngsten Regierungskrise geführt hatte, weil zwei kommunistische Abgeordnete sich der Stimme enthalten hatten, ist zwar noch nicht ausgestanden, ist aber durch die jüngsten Erklärungen von Oppositionschef Silvio Berlusconi entschärft. Seine Mitte-Rechts-Allianz werde die Neufinanzierung des Afghanistan-Einsatzes mittragen, meinte der Ex-Premier, dessen Allianz eine Woche zuvor im Senat gegen ebendiesen Punkt gestimmt hatte - in der Hoffnung, Prodi das Wasser abzugraben. Selbst wenn kommunistische Dissidenten, wie angekündigt gegen den Einsatz stimmen, wird es zu keiner weiteren Krise kommen.

Bleibt noch der Streit um die Neuordnung des Wahlrechts. Aber in dieser Frage gibt es auch in der Opposition keine einheitliche Linie. Die Tage der Regierungskrise haben darüber hinaus deutlich gemacht, wie gespalten auch das Berlusconi-Lager ist und dass Berlusconi als Person noch immer das beste Klebemittel für die Regierung ist.