Neue Front gegen US-Ratingagenturen.
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Brüssel. Für finanzielle Notsituationen von Euroländern ist die EU künftig besser vorbereitet. Denn die Schaffung eines permanenten Eurorettungsschirms ab Juli 2013 (European Stability Mechanism/ESM) mit einem Notkreditvolumen von 500 Milliarden Euro und die Verstärkung des aktuellen Schirms (European Financial Stability Facility/EFSF) über 440 Milliarden Euro haben die Staats- und Regierungschefs am Freitag abgesegnet. Weniger erfolgreich laufen die Verhandlungen, wenn es darum geht, künftige Notsituationen erst gar nicht entstehen zu lassen. Denn die dafür gedachte Verschärfung des Eurostabilitätspakts und ein eigenes Überwachungsverfahren für wirtschaftliche Schieflagen in Mitgliedstaaten mussten vorerst vertagt werden. Grund sind einbetonierte Meinungsverschiedenheiten mit dem EU-Parlament.
Konkret geht es darum, wie leicht die EU-Kommission künftig auch Mitgliedstaaten bestrafen kann, welche die Bedingungen des Stabilitätspakts zwar erfüllen, die aber wegen ihres schlechten Konsolidierungspfads Gefahr laufen, später über das vorgeschriebene Defizit von höchstens drei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung und über eine Staatsverschuldung von 60 Prozent zu rutschen. Das Parlament will ganz streng sein, großen Mitgliedstaaten wie Frankreich und Deutschland geht das entschieden zu weit. Raschere und härtere Strafen bei Verstößen gegen die Paktvorgaben sind dagegen bereits akkordiert.
EU-Ratingagentur?
Einen ganz anderen Weg gehen deutsche Experten unterdessen: Weil den großen US-Ratingagenturen Moody’s, Fitch und Standard&Poor’s durch ihre berüchtigten Abstufungen von schwächeren Euroländern eine Mitschuld an der Krise gegeben wird, feilen sie offenbar an einem EU-Pendant. Das renommierte Beratungsunternehmen Roland Berger bestätigt entsprechende Sondierungsgespräche mit der Deutschen Börse, Frankfurt Main Finance e.V. und der hessischen Landesregierung. Die neue EU-Wertpapieraufsicht Esma drohte den drei Agenturen mit der Versagung ihrer Zulassung, sollten sie die europäischen Bewertungsregeln nicht einhalten.
Bereits beschlossen, aber womöglich nicht so effektiv wie erhofft erweist sich das "Europäische Semester". In dessen Rahmen sollte die EU-Kommission die Haushalts- und Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten mehr in Richtung gesamteuropäischen Wettbewerbsfähigkeit trimmen. In ihren Empfehlungen wurde etwa Österreich ein Defizitabbau von je 0,75 Prozent statt bloß 0,35 Prozent für die kommenden zwei Jahre verordnet. Sehr beeindruckt zeigte sich Bundeskanzler Werner Faymann davon allerdings nicht: "Bei der Budgetkonsolidierung zählen wir darauf, dass wir durch (Wirtschafts-)Wachstum besser werden", sagte er.