Zum Hauptinhalt springen

Aufbewahrter Krieg

Von Christina Köppl

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Das Kriegsende liegt nun schon 60 Jahre zurück. Aus Geschichtsbüchern, Erzählungen der Großeltern und durch Produkte der Filmindustrie hat die Generation von heute über die Greuel des Zweiten Weltkriegs erfahren. Wir haben uns ein Bild von "diesem Krieg" gemacht, der besonders heuer wieder ins Gedächnis gerufen wird.

Und doch finden sich immer wieder neue Zeitdokumente, die erschüttern, sogar beschämen. Wie Sonntagnacht im Bayern-TV in der Doku "Mein Krieg": Sechs Veteranen des Russland-Feldzugs, die mit Schmalfilmkamera in den Krieg gezogen sind, holten für zwei junge Filmemacher ihr privates Filmmaterial hervor und kommentierten die selbst gefilmten, stummen Bilder. Es war kein Propagandaauftrag. Die jungen Soldaten filmten aus Leidenschaft, einer Leidenschaft, mit der sie auch in den Krieg gezogen sind, die aber im Lauf des Geschehens immer mehr schwand. Das lässt sich anhand der gezeigten Filmausschnitte erkennen. Auf dem Rückzug brechen die Aufnahmen vehement ab, bis schließlich die Chronologie gänzlich reißt.

Keine Bilder aus der Gefangenschaft oder von den Opfern. In Schachteln haben die ehemaligen Soldaten "ihren Krieg" und damit ihre Erinnerung aufbewahrt. Die Doku präsentierte nicht nur geschichtlich wertvolles Quellenmaterial, sondern gestaltete sich durch die dramaturgisch geschickte Montage von Bild und Kommentar zu einer persönlichen Vergangenheitsbewältigung der Beteiligten. Behutsam gestellte Fragen brachten die Zeitzeugen bis zu Punkten der Ehrlichkeit, die ebenso entlarven wie erschrecken.