In seinem Roman "Die Säulen der Erde" beschreibt Bestsellerautor Ken Follett den Übergang von der romanischen zur gotischen Baukunst. In Magdeburg ist der zu besichtigen.
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Viereinhalb Millionen Euro sind ein stattliches Geburtstagsgeschenk. Es handelt sich aber auch um ein stattliches Geburtstagskind: Am Ostersonntag des Jahres 1209 legte der 39-jährige Erzbischof von Magdeburg, Albrecht II., den Grundstein für den Neubau des zwei Jahre davor abgebrannten Domes. Der Bau sollte nicht nur sein bedeutendstes Lebenswerk, sondern auch der erste gotische Dom auf deutschem Boden werden.
Sachsen-Anhalt feiert seit Sonntag mit seiner Hauptstadt Magdeburg das 800-Jahr-Jubiläum ihres Wahrzeichens fast übers ganze Jahr. Schon am vorigen Freitag gab es auf dem Domplatz ein Volksspektakel mit einem nachgebauten mittelalterlichen Labyrinth. Erster Höhepunkt war ein Festgottesdienst am Sonntag. Eine Landesausstellung "Aufbruch in die Gotik" wird die Besucher ab August ins Mittelalter entführen, im September werden die ersten Magdeburger Domfestspiele stattfinden. Dann folgen ein ökumenischer Stadtkirchentag, ein "Kinderkathedraltag" und eine Altarausstellung.
Eigentümerin dieser von der evangelischen Kirche genutzten Kathedrale ist die Stiftung Dome und Schlösser, die das Geld für die Sanierung der Westfassade beisteuert. Rund um den und im Dom graben die Mittelalter-Archäologen: Vermutlich haben sie das Grab der Editha entdeckt, der ersten Gemahlin von Otto dem Großen, dem Gründer des Heiligen Römischen Reiches. Auch er liegt hier begraben.
Otto, ein gebürtiger Sachse, hatte zur Demonstration seines imperialen Anspruchs in Magdeburg, wo er sich am liebsten und häufigsten aufhielt, das Mauritiuskloster gegründet und einen Kirchenbau angeordnet. Daneben befand sich schon eine Kirche, sodass auf dem heutigen Domplatz eine Doppelkirchenanlage entstand, die aber beim Stadtbrand 1207 zerstört wurde. Der heutige Bau fußt noch auf spätromanischem Fundament, wächst aber Schicht für Schicht zu einem riesigen gotischen Dom empor, dem ersten auf deutschem Boden und dem größten Sakralraum Ostdeutschlands. Drei Jahrhunderte lang baute man an dem Gotteshaus, bis es 1520 endlich fertig wurde.
Seit Jahrhunderten ist der Bau mit seiner wuchtigen Westfassade und den beiden Türmen das Wahrzeichen der Elbestadt. Im Dreißigjährigen Krieg bot er den Menschen Schutz und Zuflucht. 1945 hat er mit schweren Schäden die Bombenangriffe überstanden. Und schließlich haben 1989 dort die Friedensgebete und Demonstrationen begonnen, die zur politischen Wende in der DDR führten. Seit zwölf Jahren wird er gründlich saniert und renoviert.
Der gewaltige Südturm mit seinen 99 m wird vom Nordturm noch um 5 m überragt. Berühmt sind die Skulpturen der Klugen und Törichten Jungfrauen der Paradiespforte, die sich auf ein Gleichnis aus dem Matthäus-Evangelium beziehen. Innen ist der Raum 120 m lang und 32 m hoch - und er steckt voller Schätze: Antike Säulen aus Porphyr, Marmor und Granit aus Ravenna, ein Taufbecken, das ursprünglich ein römischer Springbrunnen war und dessen Stein, Rosenporphyr, aus Ägypten stammt, das Grabmal des Kaisers Otto I., Skulpturen der Kirchenpatrone St. Katharina und St. Moritz (die älteste bekannte europäische Darstellung eines Schwarzafrikaners), ein Chorgestühl aus dem Jahr 1363, historische Grabmonumente und Epitaphe des 12. bis 14. Jahrhunderts.
Das Lebensbaumkruzifix stammt aus dem Jahr 1986 von Jürgen Weber. Jesus hängt an einem verdorrten Baum statt an einem Kreuz. An den Stellen, wo sein Blut auf den Baum trifft, treibt der Baum wieder aus.
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