Die EM à la France macht 2020 einmal Pause. Dass sie zum Jubiläum durch ein paneuropäisches Turnier ersetzt wird, ist eine gute Idee.
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"Du fragst, wie man eine Idee bekämpft? Ich werde es dir sagen: Mit einer anderen Idee." Kultfilme wie jener über die Geschichte des jüdischen Kaufmanns und späteren Wagenrennfahrers Juda Ben Hur im gleichnamigen Hollywood-Epos von 1959 (mit Charlten Heston in der Hauptrolle) eignen sich doch immer wieder als gute Zitat-Bibliotheken. Gute Ideen (oder auch Gegen-Ideen) braucht es auch im Sport. Und der steckt seit geraumer Zeit ziemlich in der Krise. Details zu den aktuellen Skandalen rund um gedopte Leichtathletik- und Tennisasse, korrupte Amtsträger in der Fifa und in der Politik, gewissenlose Umwelt- und Bausünder unter Olympia- und WM-
Bewerbern sowie zu den zahllosen Menschenrechtsverletzungen, die damit täglich im Namen des Sports begangen werden, erübrigen sich. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, lastet jetzt auch noch die kommende EM in Frankreich - inklusive Unwetterkatastrophen, Streiks und Terrorismuswarnung - wie ein Alpdruck über allem.
Nun ist es nicht leicht, Ideen gegen diese Auswüchse zu finden. Dass es aber geht, zeigt das Beispiel EM. Hier könnte sich die sehr gute Idee,
das Turnier 2020 nicht mehr in einem Land, sondern an mehreren Standorten in Europa auszutragen, noch als Königsweg erweisen. Nicht nur wird damit der europäische, völkerverbindende Charakter des Sportereignisses gestärkt, sondern auch die schwere Last der Kosten für Infrastruktur, Organisation und Sicherheit aufgeteilt. Hätte man dieses Konzept früher versucht, hätte wohl Frankreich heute einige Probleme weniger.
Zwar wären gewiss weniger Fans und Touristen im Land, aber dafür ließe sich diese überschaubarere Gruppe leichter von Polizei und Sicherheitskräften vor Terrorismus und Unglücken - wie etwa einer Massenpanik - schützen. Ebenso würden sich die innenpolitischen Auseinandersetzungen, von denen Frankreich aktuell durch Streiks und Demonstrationen geplagt wird, weniger gravierend auf die EM auswirken, allein schon deswegen, weil keine Partei das Turnier zum Gegenstand einer Erpressung machen und in Geiselhaft nehmen könnte.
Das gilt auch ganz besonders für die Bedrohung durch den Terror. Statt den Sicherheitsapparat eines Staates (und damit auch das Budget) mit der Aufgabe zu überfordern, auf ein Millionenpublikum aufpassen zu müssen, wird durch die Idee einer paneuropäischen EM auch diese
Last aufgeteilt - und damit auch die Anzahl der möglichen Terrorziele gestreut. Zwar garantiert diese Streuung nicht, dass es nicht doch zu Attentaten kommt, aber es wäre nicht mehr ein Land, das vom Terror angegriffen wird, sondern ganz Europa. Das "Je suis Paris - Ich bin Paris" würde durch ein "Nous sommes Europe - Wir sind Europa" ersetzt.
Um die Terrorgefahr bei Turnieren langfristig bekämpfen zu können, wäre es vielleicht doch die Idee wert, über eine Verlängerung des Modells 2020 - ein politisch und sportlich geeintes Europa - nachzudenken? Wie sagt nicht der blinde Simonides gegen Ende des Filmes zu Ben Hur? "Es wird wieder Freude herrschen
in diesem Haus. Und wir werden feiern. Inmitten all dem Staub und den Spinnweben!"