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Auffälligkeiten an allen Ecken: Grassers Freunde und die Bundeswohnungen

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Wer allzu dichte Netzwerke webt, kann sich leicht darin verstricken: Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Karriere von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, dessen Talent zur Selbstvermarktung von einer bemerkenswerten Unsensibilität für persönliche Integrität begleitet wird.


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Die Hausdurchsuchungen bei Grassers einstigen Geschäftspartnern, dem Lobbyisten und einstigen Agenturchef Peter Hochegger und Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger, machen das deutlich wie selten zu vor. Die Buwog-Causa in Kurzform: 2004 kamen 57.000 Bundeswohnungen in vier Gesellschaften unter den Hammer: Buwog, EBS Linz, ESG Villach und WAG.

Letztlich erhielt ein Konsortium aus Immofinanz, Raiffeisen Oberösterreich und Wiener Städtische den Zuschlag - um 961 Millionen Euro.

Die Privatisierung stand unter keinem guten Stern: Der Rechnungshof monierte schon 2007, dass der Verkauf zu billig erfolgt sei. Und überdies habe die Republik auf ein Recht verzichtet, Mieter für frei werdende Wohnungen vorzuschlagen - was das Paket schlagartig massiv aufwertete.

Nun sorgt der Buwog-Verkauf mit Verspätung erneut für Schlagzeilen: Hochegger und Meischberger hatten von der Immofinanz fast 10 Millionen Euro als Provision kassiert (und nicht versteuert). Ihre Informationen sollen überhaupt erst den Zuschlag ermöglicht haben.

Aufklärungsbedürftig ist vor allem: Woher stammt die Information - sind Details aus dem Finanzministerium durchgesickert? Und: Sind noch weitere, bisher nicht bekannte Provisionen geflossen? All das wird die Staatsanwaltschaft beschäftigen.

Seltsam war von Beginn an, wie knapp der Vorsprung des Bestbieters Immofinanz vor der CA Immo gewesen war - die Gebote lagen nur um marginale 1,2 Millionen Euro auseinander. Was nicht nach einem Zufall aussieht.

Weitere Auffälligkeit: An fast allen Entscheidungshebeln saßen langjährige Grasser-Vertraute: Das Bieterverfahren wurde von der Investmentbank Lehman Brothers geleitet, wo der Grasser-Vertraute Karlheinz Muhr als Berater werkte.

Grassers ehemaliger Mentor, Landeshauptmann Jörg Haider, gab überraschend seinen Widerstand gegen den Verkauf der ESG-Villach auf - was laut "Format" den Zuschlag zugunsten der Immofinanz beeinflusst haben könnte. Grassers Kabinettmitarbeiter Heinrich Traumüller - später Vorstand der Finanzmarktaufsicht - unterfertigte den Verzicht der Republik als vorrangiger Mieter. Und Ernst Karl Plech, der seit Juli 2009 gemeinsam mit Grasser eine Immobilienfirma betreibt, war Aufsichtsratschef der Buwog.