Im Schnitt mit 59,3 Jahren in Pension. Der Bundeszuschuss ist zwar vorerst stabil. Experten sehen Reformbedarf.
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Wien. Die Österreicher gehen im Schnitt zu früh in Pension. Gleichzeitig führt die steigende Lebenserwartung dazu, dass sie dann im Schnitt auch länger in Pension sind. Außerdem sorgt die demografische Entwicklung dafür, dass längerfristig mehr Pensionisten der erwerbstätigen Generation gegenüberstehen. Das erhöht laut Experten und einer neuen internationalen Vergleichsstudie den Druck auf die Bundesregierung, weitere Änderungen im Pensionssystem vorzunehmen.
Allerdings haben frühere Verschärfungen bei Hacklerfrühpensionen und Invaliditätspensionen und vor allem auch die gute Wirtschaftslage mit hohen Beitragseinnahmen zuletzt dafür gesorgt, dass die Bundeszuschüsse zu den Pensionen mit rund neun Milliarden Euro sogar etwas gesunken und nicht mehr explodiert sind. 2014 waren es zehn Milliarden, 2017 rund 8,8 Milliarden Euro.
Das tatsächliche Pensionsantrittsalter stagniert
Erklärtes Ziel der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung ist es, das tatsächliche Pensionsalter an das gesetzliche mit 60 Jahren für Frauen und 65 Jahren für Männer, an dem nicht gerüttelt wird, heranzuführen. Vor allem dadurch soll laut Sozialministerium das System nachhaltig gesichert werden. Allerdings stagniert dieses praktisch auf einem niedrigen Niveau.
Nach den jüngsten Daten des Hauptverbandes der Sozialversicherungen, die der "Wiener Zeitung" vorliegen, lag das tatsächliche Pensionsantrittsalter in der gesetzlichen Pensionsversicherung (ASVG, Bauern, Gewerbe) im Vorjahr im Durchschnitt bei 59,3 Jahren (siehe Grafik). Bezieher von Rehageld, das seit 2014 teilweise Invaliditätspensionen ersetzt, wurden dabei eingerechnet. Das ist nur ein geringer Anstieg gegenüber den Jahren davor. 2014 lag es bei 58,9 Jahren, im Jahr 1970 hingegen bereits bei 60,3 Jahren.
Für die Österreicher erfreulich, für die Finanzierung des Pensionssystems aber ein besonderes Problem ist, dass die Menschen als Folge der steigenden Lebenserwartung die Pension auch viel länger beziehen. Das streicht Wolfgang Nagl, Ökonom und Pensionsexperte im Thinktank Agenda Austria, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" hervor: "Man ist ein Vierteljahrhundert in Pension." Männer seien dies im Schnitt 21,5 Jahre, Frauen fast 27 Jahre. Zum Vergleich: 1970 waren es 13,7 Jahre bei Männern und 18,5 Jahre bei Frauen.
Längerfristig verschärft der demografische Wandel die Situation, weil der Anteil der Pensionisten in Relation zu den Erwerbstätigen zunimmt. Momentan kommen 3,3 Erwerbsfähige auf einen Pensionisten, 2037 werden es geschätzt 2,2 Erwerbsfähige sein.
Eine Studie des internationalen Beratungsunternehmens Mercer, die jetzt publik wurde, hakt auch hier ein. Sie bescheinigt, dass das österreichische Pensionssystem nur wenig nachhaltig ist. Österreich belegt in der Kategorie, wie lange das System aufrechterhalten werden kann, nur den vorletzten Platz vor Italien. In einer Skala bis zu 100 Punkten kommt Österreich nur auf 21,5 Punkte.
Im Sozialministerium stellte man dazu gegenüber der "Wiener Zeitung" fest , die Unterkategorie Nachhaltigkeit sei "besonders willkürlich", weil es Staaten mit hohem Anteil an Betriebs- und Privatpensionen bevorzuge. Im Regierungsprogramm sei die Förderung der betrieblichen Altersvorsorge und der Pensionskassen vorgesehen.
"Die Mercer-Studie zeigt einmal mehr, dass das österreichische Pensionssystem dringenden Reformbedarf hat", sagt hingegen Nagl. Er schlägt eine Pensionsautomatik vor. Demnach soll entweder das Pensionsalter oder die Pensionshöhe an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden. Der Ageing Report 2018 der EU-Kommission zeige, dass eine Koppelung an das Lebensalter eine signifikante finanzielle Entlastung brächte. Eine solche Pensionsautomatik hat die Bundesregierung bisher allerdings abgelehnt und nicht aufgegriffen.
Milliardenkosten auchfür die Beamtenpensionen
Zu den Zuschüssen zur gesetzlichen Pensionsversicherung kommen aus dem Budget weitere rund sieben Milliarden Euro an Zuschuss zu den Beamtenpensionen. Bei den Beamtenpensionen sei zwar schon etwas passiert, eine raschere Zusammenlegung in ein System wäre aber für Nagl auch überlegenswert.
Die Regierung hat vorerst lediglich beschlossen, dass die Zugangshürde zur Altersteilzeit schrittweise bis 2020 um zwei Jahre auf 55 Jahre für Frauen und 60 Jahre für Männer erhöht wird. Noch vorhandene "Pensionsprivilegien" durch Sonderrechte etwa in der Nationalbank sollen abgeschafft werden. Näheres dazu ist offen. Gleiches gilt für eine weitere Reform der Invaliditätspensionen und eine "Nachjustierung" des Rehabilitationsgeldes, die ebenfalls im türkis-blauen Koalitionspakt verankert sind.