Der Verlust der demokratischen Grundwerte geht einher mit dem Versagen derjenigen Akteure, die sich ihrer Wahrung verschrieben haben und danach keine Verantwortung dafür übernehmen wollen.
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Es ist wohl nicht so, dass es die Menschen sind, die in unsicheren Zeiten autoritäre Führergestalten wählen, um mit diesen die Krisenzeiten zu überstehen. Vielmehr dürften die etablierten Führer dieser Welt, die Damen und Herren Diktatoren im Finanzwesen beispielsweise oder die Despoten der herrschenden Politkaste sowie die etablierten Demagogen der führenden Medienriege, mit ihrem autoritären Führungsstil die unsicheren Zeiten überhaupt erst hervorrufen, in letzter Konsequenz also auch zu verantworten haben - haltlose und hoffnungslose Zeiten letztendlich, durch deren Aufkommen autoritäre Führer außerordentlichen Zulauf, massive Zustimmung und eine schier maßlose Zuneigung erhalten, die sie mit ungeheurer Machtfülle ausstatten, die ihnen in sicheren Zeiten überhaupt nicht zukäme.
Verdichten sich die losen Enden ökonomischer, politischer und kultureller Krisenfäden zu einem gewaltigen unentwirrbaren Krisenknoten, so ist es der autoritäre Führer, der sich als alleiniger Krisenlöser anbietet und den Knoten auch tatsächlich schlagartig löst. Er tut dies nicht mit konventionellen Mitteln des Rechtsstaates, vielmehr greift er auf Methoden zurück, die dem Rechtsstaat abgehen - in letzter Konsequenz beseitigt er den Rechtsstaat und etabliert eine Herrschaft der Willkür.
Durch eine lang anhaltende Verunsicherung der Bevölkerung erhält der Demagoge, der die Gunst der Lage geschickt nutzt, regen Zulauf von jenen, die in ihm ihr Heil sehen. Aufgrund weitverbreiteter Orientierungslosigkeit erhält der Despot, der gekonnt zwischen den sogenannten Guten und Bösen zu polarisieren weiß, Beifall von jenen, die in ihm einen Halt, einen Hoffnungsträger sehen. Der Diktator schließlich weiß den Demagogen und Despoten in einer Person zu vereinen.
Herrschaft des Unrechts wird mittels Sündenbock zementiert
Er zementiert die totalitäre Herrschaft des Unrechts, indem er einen Schuldigen, einen Sündenbock für das allgemeine Übel ausmacht (nicht selten eine Minderheit im eigenen Land), an dessen Existenz sein eigenes kometenhaftes Erscheinen auf mysteriöse, schicksalhafte Weise gebunden ist. Er verstärkt die ressentimentgesättigten Haltungen in der Bevölkerung, Opfer einer höheren, ominösen und omnipräsenten, nicht selten omnipotenten Macht zu sein, die rücksichtlos zu bekämpfen der Diktator sich schwarz auf weiß auf die wehenden Fahnen geschrieben hat.
Der Verlust der demokratischen Grundwerte geht einher mit dem Versagen derjenigen Akteure, die sich ihrer Wahrung aus Professionsgründen verschrieben haben, bei einem Verlust derselben aber kaum bis gar nicht bereit sind, Verantwortung für ihr politisches und parteipolitisches, in letzter Konsequenz persönliches Versagen zu tragen. Doch nur in der Übernahme der Verantwortung - verstanden als Antwort auf ein fragwürdiges Handeln, das fehlgeschlagen ist - ist eine persönliche Entwicklung möglich, kann die verloren gegangene Glaubwürdigkeit zurückgewonnen, dem Misstrauen vorgebeugt und Vertrauen zurückgewonnen werden, ohne dessen Vorhandensein ein politisches Wirken schlichtweg unmöglich ist.